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Walcker-Stiftung für orgelwissenschaftliche Forschung

www.walcker-stiftung.de

Blog Orgelwelt aktuell:

Aktuelle Entwicklungen und Tendenzen in der Orgelwelt

Autor: Roland Eberlein

In diesem Orgel-Blog werden in unregelmäßigen Abständen Beiträge zu aktuellen Entwicklungen und Tendenzen in der Orgelwelt veröffentlicht. Die Aufmerksamkeit gilt dabei insbesondere der prekären Lage der Orgel im beginnenden 21. Jahrhundert und den Bedrohungen und Chancen der Orgelwelt in den nächsten Jahrzehnten. Da die orgelwissenschaftliche Forschung ohne gesellschaftliches Interesse an der Orgel zwangsläufig zum Erliegen kommt, möchte die Walcker-Stiftung die Orgelwelt auf das Schwinden des gesellschaftlichen Interesses an der Orgel aufmerksam machen und Ansätze und Entwicklungen bekannt machen, welche der Orgel neues Interesse in der Gesellschaft verschaffen können.


Überblick:

2022:
  • Folgen der Pandemie in der Kirchenmusik

  • 2017:
  • Kleine Geschichte der Trio-Registrierung
  • Wann kam der Registerwechsel bei fortgesetztem Spiel auf?
  • Wann sind Rekonstruktionen sinnvoll, wann unsinnig?
  • Die kirchenmusikalische Zeitenwende schreitet voran
  • Jonas' Traum

  • 2016:
  • Zungenregister im Orgelplenum vor 1800
  • Die neue Orgel der Musikhochschule Würzburg: eine zukunftsweisende Orgel?
  • Die Website der Walcker-Stiftung besteht seit fünf Jahren
  • Die neue Orgelmusik in populären Stilen verbreitet sich: Die Entwicklung der letzten 12 Monate
  • Riesige Blamage für den historisierenden Orgelbau
  • Orgelwissenschaft: Geschichte und Gegenwart
  • Wie waren Schnitgers Orgeln ursprünglich gestimmt?
  • Populäre Musik auf der Orgel: Aktuelle Entwicklungen
  • Zur Bezahlung nebenamtlicher Organisten in den großen Volkskirchen
  • Tunder, Buxtehude, Bruhns, Lübeck: Für welche Instrumente schrieben sie und wie waren diese gestimmt?
  • Die Orgel der Reinoldikirche Dortmund: Denkmal oder Schrott?

  • 2015:
  • Renaissance der Kegellade?
  • Warum sind laute Orgeln seit über 100 Jahren so heftig umstritten?
  • Kurzer Blick auf eine Revolution: Populäre Organisten gestern und heute
  • Die neue Orgelmusik in populären Stilen verbreitet sich: Die Entwicklung der letzten 12 Monate
  • Filmmusik auf Kirchenorgeln
  • Wie werden Konzertsaalorgeln heute genutzt?
  • Neuer Stil in der Orgelmusik – ein Vorgeschmack zukünftiger Orgelmusik?
  • Einblicke in die Interessen der surfenden Orgelwelt

  • 2014:
  • Die neue Hauptorgel der Basilika in Trier ist vollendet
  • Aufregung in der Orgelwelt wegen eines Orgelverkaufs
  • Weltliche Musik in der Kirche?
  • Die neue Website der Walcker-Stiftung besteht seit drei Jahren
  • Spieler von Orgelbearbeitungen populärer Musik im Internet
  • Sind Publikationen über orgelbezogene Themen Männersache?
  • Über die Herkunft der terzhaltigen Mixturen, mit Schlußfolgerungen bezüglich aktueller Rekonstruktionsprojekte
  • Die neue Orgelmusik in populären Stilen verbreitet sich: Die Entwicklung der letzten 12 Monate
  • Zehn Jahre nach dem Warnruf – was wurde inzwischen erreicht?
  • Der Besuch von Orgelkonzerten am Beispiel der Auferstehungskirche Düsseldorf-Oberkassel
  • Orgelsachverständige
  • Zur Diskussion um die zukünftige Konzeption der Orgeln in der Marienkirche Lübeck
  • Populäre Musik auf der Orgel
  • Orgelneubauten sind selten geworden

  • 2013:
  • Alte Orgeln erhalten – wozu?
  • Neue Rekonstruktionen mittelalterlicher Orgeln
  • Eine neue Hauptorgel für die Basilika in Trier
  • Zukunftsaussichten in der katholischen Kirchenmusik
  • Rosige Aussichten für junge, evangelische Orgelspieler?
  • Chancen für den Orgelbau
  • Die neue Orgelmusik in populären Stilen verbreitet sich: Die Entwicklung der letzten 12 Monate
  • In welchen Regionen leben besonders viele Orgelinteressierte?
  • Klangbeispiele von den neuartigen Zungenregistern in der Rohlf-Orgel der Marktkirche Hamburg-Poppenbüttel
  • Neue Tendenzen in den Programmen von Orgelkonzerten
  • Soll die Niehoff/Dropa-Orgel von St. Johannis in Lüneburg rekonstruiert werden?
  • Braucht die Orgelpädagogik einen »Standortwechsel der Orgel« vom kirchlichen Raum in ein neutrales Umfeld?
  • Populäre Musik auf der Orgel
  • Das Phänomen »Orgel rockt«
  • Die Orgel von Gottfried Fritzsche 1610-12 in der Schloßkapelle Dresden soll wiedererstehen
  • Die Orgel – das Instrument für Musik mit Ewigkeitsanspruch?
  • Warum werden die Orgelbaumoden immer kurzlebiger?
  • Ein Buch über die gegenwärtige Lage der Orgelkunst
  • Ungewöhnliche Materialien im Orgelbau
  • Präsidiumswahl der GdO: Demokratie in der Orgelwelt?
  • Prospektgestaltung heute: form doesn't follow function!
  • Die neueste Dispositionsmode: Hochdrucktuben und Solowerk
  • Die erste viermanualige Orgel der Welt wird in Hamburg rekonstruiert
  • Neue Registernamen aus den letzten Jahren
  • Publikationen von neuer Orgelmusik in populären Stilen (Jazz, Swing, Pop etc.)

  • 2012:
  • Die Gesellschaft der Orgelfreunde (GdO) schrumpft
  • Restaurierung und Rekonstruktion einer großen, pneumatischen Walcker-Orgel von 1903
  • Das Sinua-System: die computergesteuerte Orgel
  • Populäre Musik auf der Orgel
  • Eine neue Entwicklung im Orgelbau: die "winddynamische Orgel" von Daniel Glaus
  • Wer kauft und hört Orgel-CDs?
  • Das Portativ in der Gegenwart
  • Zacharias-Zungenpfeifen: die zukunftsträchtigste Neuerung im Pfeifenbau seit 200 Jahren
  • Die angestrebte Rekonstruktion einer Orgel von David Beck 1596 in der Martinikirche Halberstadt
  • Die neue Woehl-Orgel in Piteå – eine "Zukunftsorgel"?
  • Die Rekonstruktion einer Orgel von 1479 in Amsterdam
  • Die Schwalbennestorgel in St. Marien, Lemgo: eine Renaissance-Orgel?
  • Wächst das Interesse an klassischer Musik mit dem Lebensalter?
  • Noch einmal: Hat sich die Klassik überlebt?
  • Überalterung des Klassikpublikums: Neue Zahlen
  • Sichern Tonaufzeichnungen den Fortbestand der klassischen Orgelmusik?
  • Ist die klassische Musik 'zeitlos' oder hat sie sich 'überlebt'?
  • Die neue Orgelmusik in populären Stilen verbreitet sich

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    82. Beitrag (20.02.2022)

    Folgen der Pandemie in der Kirchenmusik

    Erstaunlicherweise finden immer noch so gut wie keine Diskussionen in Kirchenmusiker- oder Orgelkreisen statt darüber, welche langfristigen Folgen die Pandemie für die Kirchenmusik und das Orgelwesen haben wird und wie mit diesen Folgen umzugehen ist – zumindest sind mir solche Diskussionen nicht bekannt geworden. Es scheint, als ob der Großteil der Kirchenmusiker glaubt, dass nach der Pandemie wieder alles so sein werde wie vor der Pandemie. Eine solche Vorstellung wäre allerdings ein gewaltiger Irrtum!

    Die Pandemie ist der schärfste und weitestgehendste Einschnitt im Musikleben allgemein und auch im kirchenmusikalischen Bereich seit vielen Jahrzehnten, nur vergleichbar mit den Einschnitten, welche die großen Kriege der letzten Jahrhunderte bewirkt haben. In der Regel wechselten nach solchen Einschnitten die Prämissen des Musiklebens vollkommen. ... (Weiterlesen)

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    81. Beitrag (10.07.2017)

    Kleine Geschichte der Trio-Registrierung

    Kaum eine andere Gattung der Orgelmusik wurde im Laufe der Jahrhunderte so unterschiedlich registriert wie das Orgeltrio. Die berühmten Triosonaten von Johann Sebastian Bach beispielsweise erhielten im Laufe der Zeit völlig unterschiedliche Klanggewänder: Während heutige Interpreten oft ähnliche Klänge für die beiden Oberstimmen bevorzugen, empfahl Ferdinand Klinda 1987, kontrastierende Einzelregister oder Mischungen für die Manualstimmen zu nehmen, z. B. eine Zungenstimme für die linke Hand, eine labiale Aliquotmischung wie Rohrflöte 8' und Nasard 2 2/3' für die rechte Hand. Diese kontrastierende Registrierungsweise war im Zuge der Orgelbewegung nach 1930 aufgekommen; davor wurde wiederum ganz anders registriert: So riet Friedrich Conrad Griepenkerl in seiner 1844 erschienenen Ausgabe von Bachs Triosonaten, in beiden Manualen Registrierungen wie Hohl- oder Rohrflöte 8' und 4' oder, wenn es kräftiger sein soll, Principal 8' mit Oktave 4' zu nehmen. Klangunterschiede zwischen den Manualen wurden damals offenbar nicht angestrebt, sondern allenfalls hingenommen, und Zungenstimmen oder Aliquotmischungen kamen anscheinend gar nicht erst in Betracht.

    Angesichts dieser enormen Unterschiede in der Registrierweise stellt sich die Frage, wie denn im 18. Jahrhundert Orgeltrios registriert wurden, welche Ausführungsweise also von Bach intendiert gewesen sein könnte. ... (Weiterlesen)

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    80. Beitrag (19.05.2017)

    Wann kam der Registerwechsel bei fortgesetztem Spiel auf?

    Trotz des Siegeszuges der „historisch informierten Aufführungspraxis“ in der Orgelwelt seit den 1970er-Jahren kann man auch heute noch große Überraschungen erleben, wenn man Originaltexte über die musikalische Praxis früherer Jahrhunderte liest: Man fühlt sich manchmal in eine völlig unbekannte, fremde und geradezu verstörende Welt versetzt. Einen solchen Kulturschock kann beispielsweise das Kapitel über Registrierung in Johann Friedrich Naues Überarbeitung (Halle 1838) von Daniel Gottlob Türks Buch „Von den wichtigsten Pflichten eines Organisten“ auslösen. Darin findet sich ein von Johann Friedrich Naue eingefügter, überaus detaillierter Registriervorschlag für die Begleitung des Chorals „Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut“. Zwei besonders markante Passagen seien aus dieser umfangreichen Beschreibung herausgegriffen: ... (Weiterlesen)

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    79. Beitrag (12.03.2017)

    Wann sind Rekonstruktionen sinnvoll, wann unsinnig?

    Der Versuch, eine Orgel aus früheren Zeiten zu rekonstruieren, wurde zum ersten Mal 1921 in Freiburg i.Br. unternommen. Von da ab bis zur Gegenwart hat es unzählige weitere Rekonstruktionsversuche gegeben. In den meisten Fällen ging es darum, eine in Teilen erhaltene historische Orgel auf den vermuteten oder belegten ursprünglichen Zustand zurückzuführen.

    Die Ausgangslage war dabei sehr unterschiedlich: In einigen wenigen Fällen war die Orgel nahezu komplett in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten, so daß z.B. nur einige Pfeifen oder die Balganlage zu rekonstruieren war und alles übrige restauriert werden konnte. Solche Fälle wie z.B. die Baumeister-Orgel der ehemaligen Klosterkirche Maihingen von 1737 sind jedoch leider selten. Viel häufiger wurden historische Orgeln im Laufe der Zeit mehr oder weniger stark verändert, so daß ein mehr oder weniger großer Teil der Orgel rekonstruiert werden mußte, um den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Dies trifft auf die große Mehrheit der heute noch existierenden historischen Orgeln zu.

    In manchen Fällen war sogar nicht mehr als das Gehäuse erhalten, so daß im Grunde das gesamte Orgelwerk rekonstruiert wurde – man denke beispielsweise an die Orgeln in St. Leonhard und in der Predigerkirche St. Johann zu Basel, deren Silbermann-Gehäuse von 1718 bzw. 1769 durch Kuhn 1969 bzw. Metzler 1978 mit Orgelwerken im Stil der elsässischen Silbermanns versehen wurden, oder an die Orgel in Walsrode-Stellichte, deren Werk Jürgen Ahrend 1985 im Renaissance-Stil rekonstruiert hat, oder an die Orgel in Ansbach St. Gumbertus, deren Wiegleb-Gehäuse von Reil 2006 mit einem Werk nach Johann Christoph Wiegleb 1738 versehen wurde.

    Im Extremfall sind Orgeln rekonstruiert worden, von denen überhaupt nichts erhalten geblieben ist: ... (Weiterlesen)

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    78. Beitrag (17.02.2017)

    Die kirchenmusikalische Zeitenwende schreitet voran

    Noch vor zehn Jahren gab es in kirchenmusikalischen Kreisen zumindest eine Gewißheit: die kunstvolle Kirchenmusik aus Renaissance, Barock, Klassik und Romantik wird auch in Zukunft die kirchenmusikalische Praxis dominieren und das Instrument der Kirchenmusik par excellence wird die Orgel bleiben.

    In den letzten Jahren ist diese Gewißheit der kirchenmusikalischen Szene verloren gegangen. Inzwischen deuten viele Indizien darauf hin, daß die traditionelle kirchenmusikalische Kultur zunehmend auf der Kippe steht: Zu nennen wäre beispielsweise die Abwendung der Gesellschaft von der klassischen Musik und die ständig größer und erdrückender werdende Dominanz der vielen Formen von Popularmusik, die damit zusammenhängende fortschreitende Überalterung und allmähliche Verkleinerung des Klassikpublikums im allgemeinen und des Publikums kirchenmusikalischer Klassik im besonderen, der Mangel an Nachwuchs bei den Kirchenmusikern, der Mangel an Nachwuchssängern bei klassischen Kirchenchören, der bewirkt hat, daß viele Kirchenchöre überaltern und in absehbarer Zukunft eingehen werden oder gar bereits aufgelöst werden mußten, das gleichzeitige Aufkommen und Gedeihen von Gospelchören und anderen Chören mit populärem Repertoire, die Schaffung von „Popkantoren“-Stellen und die Einrichtung von Ausbildungsgängen zum „Popkantor“ – man könnte diese Liste noch beträchtlich verlängern.

    Kirchenmusikalische Nachrichten der letzten Monate zeigen, daß diese Entwicklung weg von der klassischen Kirchenmusik und hin zu einer neuen, populären Kirchenmusik unaufhaltsam weiter voranschreitet: ... (Weiterlesen)

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    77. Beitrag (20.01.2017)

    Jonas' Traum

    Jonas ist an diesem Abend schlecht drauf. Er ist gerade vom wöchentlichen Orgelunterricht beim Organisten der Stadtkirche zurückgekommen. Der Unterricht war mal wieder nicht besonders gut gelaufen. Beim Buxtehude-Präludium hakt es immer noch mit den Noten, obwohl er das Stück schon seit vielen Wochen einübt. Das ist kein Wunder – ihn läßt diese Musik völlig kalt, zumal in der historistisch-manierierten Spielweise, die sein Lehrer bevorzugt und der er überhaupt nichts abgewinnen kann. Entsprechend läßt sein Übe-Eifer einiges zu wünschen übrig. Statt Buxtehude zu üben, spielt er viel lieber irgendwelche populären Melodien nach Gehör. Meistens übt er zuhause auf einer Digitalorgel, aber hin und wieder kann er abends auf der Orgel in der Kirche spielen. Da läßt er dann oft einen Camcorder mitlaufen, und wenn ihm ein Cover gut gelungen scheint, lädt er es auf YouTube hoch. Ein Glück, daß sein Lehrer sich nicht für YouTube interessiert, er wäre wohl nicht begeistert zu erfahren, was da so alles auf „seiner“ Kirchenorgel schon erklungen ist. Jedenfalls lassen Jonas' eigene Übe-Interessen nicht sonderlich viel Übezeit übrig für Buxtehude und den anderen alten Kram, den zu üben sein Lehrer von ihm verlangt. Und das macht sich dann im Unterricht bemerkbar.

    Jonas hat natürlich längst beobachtet, daß auch ein großer Teil der Gemeinde die Vorliebe des Kantors und Organisten für alte Orgelmusik keineswegs teilt: Die Orgelkonzerte, die sein Lehrer ein- oder zweimal pro Jahr in der Kirche spielt, sind bemerkenswert schlecht besucht – wenn fünfzig Hörer in der großen Kirche sitzen, ist es schon ein riesiger Erfolg. Und das sind dann alles alte Leute, von Jonas Freunden und Bekannten kommt kein einziger. Die haben damit genauso wenig am Hut wie Jonas selbst. In den Gottesdiensten sieht es auch nicht viel anders aus: ein paar alte Leute, keine Altersgenossen. Warum also den alten Kram üben und spielen? Jonas ist sich sicher: Würde er mit seinen Cover-Versionen ein Konzert bestreiten, sähe das Publikum ganz anders aus, viel jünger und zahlreicher!

    Um sich von seinem Ärger abzulenken, kramt Jonas das Smartphone aus der Tasche und beginnt, die Neuigkeiten auf Facebook und Whatsapp zu checken. ... (Weiterlesen)

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    76. Beitrag (01.12.2016)

    Zungenregister im Orgelplenum vor 1800

    Zu einem Prinzipalplenum für Orgelmusik der Renaissance oder des Barocks gehören selbstverständlich Prinzipalstimmen und Mixturen, eventuell auch gedeckte Stimmen als 16'- oder 8'-Basis. Darf man aber auch Zungenstimmen zum Prinzipalplenum ziehen, oder wäre dies bei Musik vor 1800 ein Stilbruch? Wann und wo wurden erstmals Zungenstimmen dem Prinzipalplenum in Manual und Pedal beigefügt?

    Tatsächlich sind Zungenstimmen häufig zum „Vollen Werk“ oder Prinzipalpenum hinzugetreten: In zahlreichen Registrieranweisungen des 16., 17. und 18. Jahrhunderts aus Nord- und Mitteldeutschland werden im Pedal Zungenstimmen zum „Vollen Werk“ gezogen, so in den Anweisungen für die Orgeln von Heinrich Compenius in Harbke 1587, von Timotheus Compenius in Bayreuth 1597 und von Friedrich Besser in Clausthal 1663, sowie in den Anweisungen von Johann Mattheson in „Der Vollkommene Capellmeister“ Hamburg 1739 und von Jacob Adlung in „Musica mechanica organoedi“ Berlin 1768.

    Für die Plenumregistrierung im Manual hingegen nennen die Registrieranweisungen in der Regel ausschließlich Labialstimmen. Dennoch gibt es auch Registrieranweisungen mit Plenumvarianten, die neben Prinzipalstimmen und Mixturen auch Zungenstimmen enthalten. Der früheste bekannte Beleg hierfür ist die in Münster erhaltene Registrieranweisung bezüglich einer Orgel, die Jan Roose ca. 1565 in der Westmonsterkerk zu Middelburg erbaute und die 1579 in die Ueberwasserkirche zu Münster versetzt wurde. ... (Weiterlesen)

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    75. Beitrag (16.11.2016)

    Die neue Orgel der Musikhochschule Würzburg: eine zukunftsweisende Orgel?

    Im Oktober 2016 wurde im Konzertsaal der Musikhochschule Würzburg eine neue Orgel der Firma Klais eingeweiht. Der etwas einfältige Freipfeifenprospekt dieser Orgel (der Journalist Thomas Wirth hat ihn einigermaßen treffend als „eine metallisch funkelnde Riesenpanflöte auf einem fliegenden Teppich“ beschrieben) ist wohl eher eine von den Umständen erzwungene Verlegenheitslösung, die nicht sonderlich bemerkenswert ist.

    Beachtenswert ist jedoch das sehr ungewöhnliche technische und klangliche Konzept dieser Orgel, das von Prof. Christoph Bossert entworfen wurde: Die Orgel arbeitet nicht wie heute allgemein üblich mit Schleifladen, sondern mit Kegelladen. Diese werden im Positiv und im schwellbaren Echowerk durch digital gesteuerte Proportionalmagnete betätigt: Die Bewegung einer Taste wird durch einen Proportionalmagneten unter der zugehörigen Lade auf alle Kegelventile, die zu diesem Ton gehören, proportional übertragen. Ist also die Taste nur ein wenig niedergedrückt, so sind die Ventile auch nur ein wenig angehoben und lassen nur wenig Luft in die Pfeifen strömen; ist die Taste ganz niedergedrückt, sind auch die Ventile ganz geöffnet. Dem Spieler wird es dadurch möglich, genau wie bei einer mechanischen Kegellade die Öffnungsgeschwindigkeit und den Öffnungsgrad der Ventile zu steuern und so Einfluss zu nehmen auf die Tonansprache und den Klang der Pfeifen. ... (Weiterlesen)

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    74. Beitrag (01.11.2016)

    Die Website der Walcker-Stiftung besteht seit fünf Jahren

    Die Website der Walcker-Stiftung www.walcker-stiftung.de besteht seit November 2011, also seit nunmehr fünf Jahren. Dies ist ein guter Anlaß, um einen Einblick in das zu geben, was normalerweise den Nutzern der Website verborgen bleibt, nämlich die Nutzungsfrequenz der Website insgesamt und ihrer Bestandteile. Solche Daten ermöglichen nicht nur eine Einschätzung der Bedeutung, welche die Website im Laufe der Zeit gewonnen hat, sondern geben auch Aufschluß über die Interessen und Vorlieben der Besucher der Website.

    Das nachstehende Diagramm zeigt, wie sich im Laufe der vergangenen fünf Jahre die monatliche Anzahl der Zugriffe von Surfern auf die Website entwickelt hat, zusammen mit der monatlichen Anzahl von zugreifenden IP-Adressen: Beide Kurven stiegen in den Jahren 2012 und 2013 rasch an, stagnierten in den Jahren 2014 und 2015 weitgehend und sind 2016 erneut deutlich angestiegen. Derzeit kontaktieren monatlich ca. 3.000 IP-Adressen (von schätzungsweise ca. 1.500 unterschiedlichen Besuchern) die Website und tätigen bis zu 11.000 erfolgreiche Zugriffe. Dies sind beachtlich hohe Zahlen für eine reine Informationswebsite zum Thema Orgel: Die wahrscheinlich bekannteste Informationsstelle über die Orgel im deutschsprachigen Internet, der Wikipedia-Artikel „Orgel“, wird derzeit nur ca. 10.000mal pro Monat abgerufen. ... (Weiterlesen)

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    73. Beitrag (09.09.2016)

    Die neue Orgelmusik in populären Stilen verbreitet sich: Die Entwicklung der letzten 12 Monate

    Vor vier Jahren wurde der Blog »Orgelwelt aktuell« auf der Website der Walcker-Stiftung für orgelwissenschaftliche Forschung eröffnet mit dem Beitrag »Die neue Orgelmusik in populären Stilen verbreitet sich«. Darin präsentierte ich eine Liste von 53 YouTube-Videos, die neue Orgelkompositionen in populären Stilen darbieten. In den folgenden Jahren stellte ich jeweils neue Listen mit weiteren derartigen Musikvideos zusammen, die mir in der Zwischenzeit bekannt geworden waren. Da viele Orgelinteressierte von der Existenz dieser Musik entweder noch keine Ahnung hatten oder an der Zusammenstellung von Links zu Einspielungen dieser Musik interessiert waren, waren diese Listen zeitweilig die meistabgerufenen Beiträge im Blog »Orgelwelt aktuell«.

    Inzwischen ist wieder ein Jahr vergangen und es sind zahlreiche weitere Videos mit Orgelmusik in populären Stilen hochgeladen worden. Hier folgt wiederum eine alphabetisch geordnete Liste von 105 derartigen Musikvideos, die mir in der Zwischenzeit bekannt geworden sind: ... (Weiterlesen)

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    72. Beitrag (07.08.2016)

    Riesige Blamage für den historisierenden Orgelbau

    Unter der Überschrift „Klangretter gesucht“ teilt die Kirchengemeinde der Stadtkirche St. Marien in Celle auf ihrer Website mit, daß ihre 1997-99 von Rowan West gebaute Orgel bereits jetzt, nach nur ca. 17 Jahren, dringend sanierungsbedürftig ist: Zum einen seien die darin enthaltenen historischen Bleipfeifen von Harmen Kröger 1651-55 neuerdings von der „Bleipest“ befallen. Bei diesem üblicherweise Bleikorrosion oder „Bleifraß“ genannten Prozess zersetzt sich das Blei der Pfeifen, es wandelt sich um in ein Bleisalz und wird zu einem weißlichen, kristallinen Pulver. Dieser Prozess führt ohne Gegenmaßnahmen zum völligen Zerfall der Pfeifen. Zum anderen haben sich die von Rowan West gelieferten neuen Pfeifen, die nach dem Vorbild der erhaltenen Prospektpfeifen sowie der gleichnamigen Register von St. Cosmae in Stade konstruiert wurden, als zu weich erwiesen: Sie verfügen über keine dauerhaft ausreichende Standfestigkeit und beginnen in unterschiedlichem Maße sich zu verformen und einzusinken. Das macht einen kompletten Austausch des betroffenen Pfeifenwerks notwendig.

    Die geringe Haltbarkeit dieser Orgel ist umso erstaunlicher, als Rowan West beim Bau dieser Orgel konsequent nach dem Vorbild des Orgelbauhandwerks im 17. Jahrhundert vorgegangen ist: ... (Weiterlesen)

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    71. Beitrag (26.06.2016)

    Orgelwissenschaft: Geschichte und Gegenwart

    Seit wann gibt es so etwas wie eine „Orgelwissenschaft“ und wer war der erste „Orgelwissenschaftler“? Während bei vielen anderen Wissenschaften die Anfänge im Dunkeln liegen, läßt sich der Anfang der Orgelwissenschaft klar benennen: Sie beginnt mit dem zweiten, in Wolfenbüttel 1619 erschienenen Band „De Organographia“ des Syntagma musicum von Michael Praetorius, dem Kapellmeister des Herzogs von Braunschweig. Praetorius hat darin nicht nur eine umfassende Beschreibung des mitteldeutschen Orgelbaus seiner Zeit überliefert, sondern darüber hinaus als Erster die Entwicklungsgeschichte des Orgelbaus seit dem Mittelalter dargestellt. Seine Ausführungen basieren zu einem großen Teil auf eigenen Nachforschungen und Beobachtungen an zu seiner Zeit noch existierenden mittelalterlichen Orgeln, insbesondere der Halberstädter Domorgel von 1361. Praetorius war damit zweifelsfrei der erste Orgelgeschichtsschreiber..

    Das erste ausschließlich der Orgelgeschichte gewidmete Buch veröffentlichte der Pastor Johann Ulrich Sponsel unter dem Titel „Orgelhistorie“ in Nürnberg 1771. Sein Buch widmet sich hauptsächlich den sagenhaften Ursprüngen der Orgel in der Antike und ihrer Frühgeschichte von der Antike bis zum Mittelalter; im weiteren folgt Sponsel der Darstellung von Praetorius. Als Orgelwissenschaftler im modernen Sinn erweist sich Sponsel, indem er nicht nur wie etliche Autoren zuvor frühe Erwähnungen von Orgeln aus historischen Texten systematisch sammelt, sondern mit kritischem Verstand den Wahrheitsgehalt dieser Erwähnungen überprüft und so zu einer oft korrekten Deutung der Texte gelangt.

    Die frühen Darstellungen der Orgelgeschichte wurden in etlichen Publikationen des 19. Jahrhunderts aufgegriffen und ergänzt durch neue Erkenntnisse: ... (Weiterlesen)

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    70. Beitrag (12.04.2016)

    Wie waren Schnitgers Orgeln ursprünglich gestimmt?

    Die originale Stimmung von Arp Schnitgers Orgeln ist bislang in keinem einzigen Fall nachgewiesen, da alle Orgeln in der Zwischenzeit umgestimmt und die originalen Pfeifenlängen dabei verändert wurden. Allerdings sind in der Orgel von St. Jacobi in Hamburg einige große Pfeifen erhalten, deren Mündungen nahezu unerreichbar waren zum Stimmen. Diese Pfeifen wurden mit Seitenbärten gestimmt, weshalb die ursprüngliche Mündungshöhe noch erkennbar ist. Cor Edskes schrieb darüber: „Zusammen mit Jürgen Ahrend durchgeführte Experimente mit den Pfeifen, deren originale Tonlängen noch deutlich erkennbar waren, haben unwiderlegbar gezeigt, daß die Orgel anfangs im Prinzip mitteltönig temperiert war. Obwohl nicht überall nachweisbar, waren bei den Obertasten kleine Abweichungen von der reinen Mitteltönigkeit festzustellen. Wie groß diese Differenzen exakt gewesen sind, ließ sich nur schwerlich quantifizieren.“ Von daher ist klar, daß Schnitger in Hamburg St. Jacobi irgendwie modifiziert-mitteltönig gestimmt hat, aber wie seine Stimmung genau geartet war und ob er immer in der gleichen Weise gestimmt hat, wissen wir nicht. Möglicherweise hat es Veränderungen in Schnitgers Stimmpraxis gegeben, denn im Abnahmegutachten zur Bremer Domorgel von Arp Schnitger 1698 schrieb Vincent Lübeck, der damalige Organist der Huß/Schnitger-Orgel von 1668-75 in St. Cosmae zu Stade, die Orgel sei „dergestalt geintonieret und gestimmt, so gut alß wir noch niemahls an keinem ohrte gefunden“.

    Bezüglich der ursprünglichen Stimmung der Bremer Domorgel ist auch eine Bemerkung aus dem Jahr 1755 überliefert: Der damalige Domorganist schrieb: „... weil aber die Music vor unsere Orgel nur ein nebenwerck ist, und sie hauptsächlich zum Choral bey der Gemeinde dienen muß, so ist die Praetorianische Temperatur gut, obgleich ein starker Wolff im gis und dis sich hören läßt“. Demnach war die Orgel „praetorianisch“ – also mitteltönig – gestimmt und besaß eine ausgeprägte Wolfsquinte gis-dis. Allerdings wurde die mitteltönige Stimmung in der norddeutschen Orgelbaupraxis auf vielerlei Weisen modifiziert, weshalb recht unterschiedliche Stimmungen mit der Bezeichnung „praetorianische Temperatur“ gemeint sein können. Die Erwähnung einer ausgeprägten Wolfsquinte gis-dis schränkt allerdings die Vielfalt möglicher Varianten etwas ein.

    Bei den stilgerechten Orgelrestaurierungen der letzten ca. 40 Jahre wurde jedoch diese wichtige Information erstaunlicherweise nicht beachtet: ... (Weiterlesen)

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    69. Beitrag (19.03.2016)

    Populäre Musik auf der Orgel: Aktuelle Entwicklungen

    Seit rund 10 Jahren werden auf YouTube Videos veröffentlicht, die Orgel-Einspielungen von populärer Musik aus Pop, Rock, Jazz, Schlager, moderner Tanzmusik, Rag, Musical, Filmen und Computerspielen präsentieren. Auf diese Orgelbearbeitungen, -transkriptionen und -improvisationen bin ich bereits 2011 im Rahmen des Colloquiums der Walcker-Stiftung über „Original und Bearbeitung in der Orgelmusik” ausführlich eingegangen. In den Jahren 2012 bis 2014 habe ich im Blog „Orgelwelt aktuell” unter dem Titel „Populäre Musik auf der Orgel” mehrere Aktualisierungen der damaligen Liste von Videos und der darauf basierenden Beobachtungen veröffentlicht.

    Seit 2014 sind auf YouTube zahllose weitere Videos mit solchen Orgeleinspielungen eingestellt worden. Insgesamt sind mir nun 870 YouTube-Videos mit populärer Musik auf Pfeifenorgeln bekannt (vorzugsweise Kirchenorgeln, Theater- und Kino-Orgeln wurden nicht berücksichtigt). Allerdings dürften dies bei weitem nicht alle Videos dieses Inhalts sein.

    Da jedes Video mit einem Einstelldatum versehen ist, kann man zählen, wieviele der Videos pro Jahr eingestellt wurden. Man erhält dann folgende Häufigkeitsverteilung: ... (Weiterlesen)

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    68. Beitrag (01.02.2016)

    Zur Bezahlung nebenamtlicher Organisten in den großen Volkskirchen

    Gastbeitrag von Richard Reichel

    Die Attraktivität eines Berufs, einer bestimmten Stelle oder Tätigkeit hat bekanntlich auch etwas mit der Bezahlung zu tun. Zwar gibt es ein oftmals beachtliches Engagement in vielen ehrenamtlichen Bereichen, mit steigenden fachlichen Anforderungen allerdings kann tendenziell weniger auf rein ehrenamtliche Mitarbeiter zurückgegriffen werden. Organistendienst im Gottesdienst erfordert zumindest eine solide Grundausbildung, „angelernt tätig” werden kann man da kaum. Selbst ein Organist ohne jede kirchliche Prüfung benötigt zumindest einige Jahre qualifizierten Klavierunterricht, um überhaupt organistisch tätig werden zu können.

    So gesehen ist es nicht verwunderlich, dass nebenamtliche Organistendienste von den großen Volkskirchen vergütet werden. Dies gilt sowohl für Tätigkeiten im Rahmen eines Arbeitsvertrages wie auch für Vertretungsdienste. In den weitaus meisten Fällen ist die Vergütung an die Qualifikation gekoppelt. Sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche unterscheiden üblicherweise nach A-, B-, C- und D-Prüfungsnachweis (letzterer auch Eignungsnachweis oder Befähigungsnachweis genannt). Hinzu kommt eine Vergütungskategorie für Organisten ohne Prüfung. Eine rein ehrenamtliche Tätigkeit ohne Vergütung ist eher selten. So beträgt beispielsweise im katholischen Bereich bei den nicht-hauptamtlich tätigen Kirchenmusikern der Anteil der Ehrenamtler lediglich 7,8 Prozent; 92,2 Prozent hingegen erhalten eine Vergütung. Für die evangelischen Kirchen sind keine Zahlen verfügbar, persönliche Erfahrungen sprechen aber für eine noch geringere Quote der rein ehrenamtlichen Tätigkeit.

    Allerdings differieren die Vergütungen nicht nur nach Qualifikation, sondern offenkundig auch nach Konfession und Region. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass die Prüfungsanforderungen der Kirchen trotz konfessionsspezifischer Schwerpunktsetzungen auf allen Ebenen vergleichbar sind. Im hauptberuflichen Bereich entspricht dem denn auch eine in etwa vergleichbare Bezahlung. Offenkundig werden aber, wie Erörterungen in Internet-Foren nahelegen, nebenberufliche Organisten von der katholischen Kirche schlechter bezahlt als ihre evangelischen Kollegen. Argumentiert wird allerdings oft mit ad hoc-Zahlen, die deutschlandweit nicht repräsentativ sein müssen. Aus diesem Grund erfolgt hier eine Zusammenstellung, die zwar ebenfalls nicht vollständig ist, die aber dennoch ein repräsentatives Bild vermitteln dürfte. ... (Weiterlesen)

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    67. Beitrag (20.01.2016)

    Tunder, Buxtehude, Bruhns, Lübeck: Für welche Instrumente schrieben sie und wie waren diese gestimmt?

    In den vergangenen ca. 30 Jahren wurden zahlreiche historische Orgeln des norddeutschen Barocks möglichst originalgetreu wiederhergestellt. Vielen Organisten ist dadurch bewußt geworden, daß auf konsequent restaurierten oder rekonstruierten Orgeln manche Kompositionen von Franz Tunder, Dietrich Buxtehude, Nikolaus Bruhns und Vincent Lübeck nicht ohne weiteres ausgeführt werden können: Bei Orgeln mit kurzer Baßoktave im Pedal fehlen die Halbtöne Cis, Dis, Fis und Gis; diese werden aber in vielen Kompositionen verlangt. Außerdem wurden etliche historische Instrumente wieder mitteltönig gestimmt mit der Folge, daß die Terzen h-dis, fis-ais, cis-eis und gis-his sowie die Quinte gis-dis (oder as-es) unerträglich verstimmt klingen. Diese Intervalle treten jedoch in vielen Kompositionen von Buxtehude, Bruhns und Lübeck als normale Konsonanzen auf. Auf Instrumenten in mitteltöniger Stimmung klingen daher diese Kompositionen stellenweise wie Katzenmusik.

    Die Diskussion, wie es zu diesem Widerspruch zwischen dem überlieferten Orgelrepertoire und den zugehörigen Orgeln kommen konnte und wie das Dilemma zu lösen sei, zieht sich nun schon fast drei Jahrzehnte hin. Sie wurde erst kürzlich wieder aufgefrischt durch eine Leserbrief-Diskussion in Ars Organi. Zwei grundsätzlich verschiedene Ansätze haben die Diskussion bisher dominiert: ... (Weiterlesen)

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    66. Beitrag (06.01.2016)

    Die Orgel der Reinoldikirche Dortmund: Denkmal oder Schrott?

    Die Orgel der evangelischen Reinoldikirche in Dortmund besitzt vier Manuale und 72 Register und wurde in den Jahren 1957 und 1958 von der Orgelbaufirma Walcker aus Ludwigsburg erbaut. Die Disposition entwarfen Gerard Bunk (1888-1958), der bekannte Komponist und langjährige Kirchenmusiker der Reinoldikirche, und der Dortmunder Studienrat und Organist Max Lorf. Am 18. Mai 1958 wurde die Orgel durch Gerard Bunk eingeweiht; sein letztes Konzert auf dieser Orgel spielte er am 7. Juni 1958, am 12. September 1958 verstarb er. 1996 hat die Firma Alexander Schuke, Potsdam, die elektrischen Teile erneuert und einen neuen Spieltisch mit Setzeranlage gebaut. Die originale Disposition lautet: ... (Weiterlesen)

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    65. Beitrag (06.11.2015)

    Renaissance der Kegellade?

    Im Zuge der Orgelbewegung hat sich im 20. Jahrhundert die Überzeugung durchgesetzt, daß die Schleiflade mit ihren Tonkanzellen allen Formen der Registerkanzellenlade (Kegellade, Membranenlade, Taschenlade etc.) klanglich überlegen sei, weil sie eine bessere Verschmelzung der Register ermögliche und die einzelnen Stimmen in polyphoner Musik leichter verfolgbar mache. Eine Registerkanzellenlade hingegen behindere die notwendige Verschmelzung der Register und erschwere die gewünschte klare Darstellung polyphoner Stimmengewebe. Die Überlegenheit der Schleiflade wurde noch 1999 von Johannes Rohlf vertreten und ausführlich begründet in einem Artikel in Ars Organi. Anlaß hierfür waren allerdings die damals bereits zu beobachtenden Bemühungen, die Kegellade zu rehabilitieren.

    Der öffentlich sichtbare Beginn dieser Bemühungen war der 1997 durchgeführte Umbau der Konzertsaalorgel in der Musikhochschule Trossingen, die Rieger nur vier Jahre zuvor mit 3 Manualen, 46 Register erbaut hatte: Auf Betreiben von Prof. Christoph Bossert wurde die Rieger-Orgel von der Firma Walcker (Ausführung Gerhard Lenter) auf 80 Register erweitert und im Schwellwerk mit einer mechanischen Kegellade ausgestattet. ... (Weiterlesen)

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    64. Beitrag (06.10.2015)

    Warum sind laute Orgeln seit über 100 Jahren so heftig umstritten?

    In der jüngeren Orgelgeschichte hat es hinsichtlich der angestrebten Lautheit der Orgel einen ständigen Modenwechsel gegeben, der mit viel Streit verbunden war und ist. Verbesserungen in der Windversorgung führten im 19. Jahrhundert dazu, daß die Orgeln tendenziell lauter wurden als es in früheren Jahrhunderten möglich war. Der Höhepunkt dieser Entwicklung zu lauteren Orgeln wurde mit der Einführung der Hochdruckstimmen erreicht: Handelte es sich zunächst (ab ca. 1840 in England) nur um einzelne Solozungenregister, wurden ab den 1860er-Jahren in Amerika auch Labialregister auf Hochdruck gestellt.

    In Deutschland kam diese Entwicklung 1888 an, als Schlag & Söhne erstmals solche Register in die Orgel der Berliner Philharmonie integrierten. Wenig später entwickelte die Firma Weigle Hochdruckpfeifen mit Rundlabien, deren Breite dem halben Pfeifenumfang entsprach, wodurch die Lautstärke nochmals erheblich gesteigert wurde. In Werbeschriften versprach Weigle, mit wenigen solchen Registern die Lautstärke einer Riesenorgel herkömmlichen Typs übertreffen zu können! Eine der ersten derartigen Brüllorgeln war die Weigle-Orgel der Stuttgarter Liederhalle von 1894.

    Die Liederhallen-Orgel veranlasste Emil Rupp 1899 zu einem Artikel in der "Zeitschrift für Instrumentenbau", in dem er vehement protestierte gegen den Hochdruck im allgemeinen und die neuen Hochdruckpfeifen von Weigle im besonderen. Der Artikel löste eine heftige Kontroverse aus, die sich bis zum ersten Weltkrieg hinzog und in deren Verlauf Rupp nach und nach die Grundgedanken der sogenannten "Elsässischen Orgelreform" entwickelte, darunter die Forderung, für Prinzipale, Gedackte und Mixturen zurückzukehren zu einem Winddruck von nur 70 mm nach dem Vorbild der elsässischen Silbermann-Orgeln (laut Rupp angeblich 60-70 mm), weil nur dieser niedrige Winddruck im Verein mit niedrigem Aufschnitt und weiter Mensur Schönheit und Fülle des Tones garantieren könne.

    Die Forderung nach niedrigen Winddrücken griff die Orgelbewegung ab 1925 auf und setzte sie in verschärfter Form nach und nach um, mit der Folge, daß nach dem zweiten Weltkrieg die Winddrücke oft bei nur 60 mm Wassersäule oder noch weniger lagen und viele Orgeln äußerst zurückhaltend klangen.

    1969 wies Helmut Winter in einem Artikel in "Acta Organologica" nach, daß die Winddrücke barocker Orgeln keineswegs so niedrig waren wie von der Orgelbewegung bis dahin angenommen wurde. Als sich diese Erkenntnis allgemein durchsetzte, stiegen die Winddrücke im modernen Orgelbau wieder deutlich an, was wegen der damals modischen Intonation "auf offenem Fuß" unmittelbar höhere Lautstärken verursachte. ... (Weiterlesen)

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    63. Beitrag (22.09.2015)

    Kurzer Blick auf eine Revolution: Populäre Organisten gestern und heute

    Gastbeitrag von Oliver Richters

    Langsam hat sich die Orgelwelt und die wirkliche Welt an Cameron Carpenter gewöhnt. Wie es scheint, weiß nun jeder Bescheid, um was für einen Musiker es sich hier handelt, so dass die Flut an Berichten in den diversen Medien – zumindest bis zur nächsten Veröffentlichung – etwas abgeebbt ist. Aber obwohl man nun doch alles über ihn und seine Musik weiß, lohnt sich noch einmal ein kleiner Blick auf die »Carpenter-Revolution«.

    Dabei überrascht zunächst, dass im Zusammenhang mit Carpenter zwar häufig genug betont wird, er mache alles anders als die traditionellen Organisten (und der Name seines Albums »Revolutionary« macht dies ja auch selbstbewusst deutlich), aber selten erwähnt wird, dass diese Revolution doch schon 40 Jahre früher stattgefunden hat. Ein amerikanischer Organist, dessen exzentrische Kleidung so auffallend ist wie seine technische Virtuosität; der mit einer selbstkonzipierten Elektro-Orgel durch die Konzertsäle reist, dort die Massen in seinen Bann zieht und ein gern gesehener Gast in Funk und Fernsehen ist, dabei ein Repertoire von Bach bis zu Transkriptionen romantischer Orchestermusik präsentiert, das ist eine relativ genaue Beschreibung von Virgil Fox (1912-1980).

    Tatsächlich lassen sich im Grunde alle Besonderheiten, die immer wieder zu Carpenter angeführt werden, genauso bei Fox finden. Und doch gibt es zwischen beiden Musikern sehr grundlegende Unterschiede, welche die eigentliche »Revolution« Carpenters erst verdeutlichen, über die aber bislang wenig geschrieben wurde. ... (Weiterlesen)

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    62. Beitrag (08.09.2015)

    Die neue Orgelmusik in populären Stilen verbreitet sich: Die Entwicklung der letzten 12 Monate

    Vor drei Jahren wurde der Blog »Orgelwelt aktuell« auf der Website der Walcker-Stiftung für orgelwissenschaftliche Forschung eröffnet mit dem Beitrag »Die neue Orgelmusik in populären Stilen verbreitet sich«. Darin präsentierte ich eine Liste von 53 YouTube-Videos, die neue Orgelkompositionen in populären Stilen darbieten. Nach einem bzw. zwei Jahren stellte ich neue Listen mit 73 bzw. 85 weiteren derartigen Musikvideos zusammen, die mir in der Zwischenzeit bekannt geworden waren. Da viele Orgelinteressierte von der Existenz dieser Musik entweder noch keine Ahnung hatten oder an der Zusammenstellung von Links zu Einspielungen dieser Musik interessiert waren, waren diese Listen zeitweilig die meistabgerufenen Beiträge im Blog »Orgelwelt aktuell«.

    Inzwischen ist wieder ein Jahr vergangen und es sind zahlreiche weitere Videos mit Orgelmusik in populären Stilen hochgeladen worden. Hier folgt wiederum eine alphabetisch geordnete Liste von 110 derartigen Musikvideos, die mir in der Zwischenzeit bekannt geworden sind: ... (Weiterlesen)

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    61. Beitrag (16.08.2015)

    Filmmusik auf Kirchenorgeln

    Für manche konservativen Zeitgenossen ist es immer noch eine Unmöglichkeit: Filmmusik auf der Orgel, zumal auf der Kirchenorgel. Und doch hat es zwischen Filmmusik und Orgel ursprünglich einmal einen ganz engen Konnex gegeben: Die Stummfilme des frühen 20. Jahrhunderts wurden in ihrer Entstehungszeit vorzugsweise zusammen mit improvisierter, untermalender Orgelmusik dargeboten. Dies führte zur Entwicklung des Typus der Kino- und Theaterorgel, der sich klanglich und technisch erheblich von der Kirchenorgel unterschied. Die Einführung des Tonfilms zog jedoch zwangsläufig den Niedergang dieses Orgeltyps ab ca. 1930 nach sich: Kinoorgeln wurden fortan nicht mehr benötigt.

    1977 wurde erstmals ein Konnex zwischen Filmmusik und Kirchenorgel geschaffen, als John Rose eine Orgelbearbeitung der Musik von John Williams zu den Star-Wars-Filmen auf einer Kirchenorgel – nämlich auf der Orgel der Kathedrale St. Joseph in Hartford/Connecticut – einspielte. Ausschlaggebend für diese Orgelübertragung war jedoch nicht die Erinnerung an die Stummfilmbegleitung auf der Orgel, sondern die Erinnerung an die im 19. und frühen 20. Jahrhundert üblichen Orgeltranskriptionen von Orchesterwerken: John Williams Filmmusik steht unübersehbar in der Tradition der symphonischen Orchestermusik des 19. Jahrhunderts, und die Orgelübertragungen solcher Musik – z.B. von William Thomas Best und Edwin Lemare – waren in Amerika noch nicht völlig vergessen, hatten sie doch zur Entstehung des klassischen amerikanischen Orgeltyps geführt, der orchestralen Orgel mit vielen instrumentenimitierenden Grund- und Zungenstimmen auf hohem Winddruck, aber weitgehend (oder ganz) ohne Mixturen und Aliquoten. Dieser Orgeltyp war 1977 noch in zahllosen amerikanischen Kirchen und Townhalls anzutreffen und überzeugte John Rose davon, daß eine Orgeltranskription der Orchestermusik von John Williams möglich und musikalisch sinnvoll ist. ... (Weiterlesen)

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    60. Beitrag (11.03.2015)

    Wie werden Konzertsaalorgeln heute genutzt?

    Es gibt in Deutschland eine beträchtliche Zahl von Orgeln, die nicht in Kirchen, sondern in weltlichen Konzertsälen und Veranstaltungshallen stehen. Diesen Instrumenten könnte in Zukunft eine wachsende Bedeutung zukommen, weil ein stetig wachsender Teil der deutschen Bevölkerung nicht mehr kirchlich gebunden ist und sich daher für kirchliche Orgelmusik und Kirchenkonzerte wenig oder gar nicht mehr interessiert. Denn wer die Glaubenssätze und Vorstellungen der Kirchen ablehnt und die Choralmelodien und Choraltexte nicht kennt, für den erfordert der Besuch eines kirchlichen Orgelkonzerts eine innere Überwindung und er wird zudem die choralbasierte Orgelmusik – also einen beträchtlichen Teil des Orgelrepertoires – nicht adäquat wahrnehmen können. Saalorgeln sind für diese wachsende Gruppe unter unseren Zeitgenossen nicht vorbelastet durch den Aufstellungsraum, zudem kann auf ihnen neben der herkömmlichen Orgelmusik auch eine völlig andere, weltliche Orgelmusik erklingen: Konzerte für Orgel und Orchester, Tanzmusik, Kinoorgelmusik, Transkriptionen von klassischer Musik ebenso wie von populärer Unterhaltungsmusik, Jazzimprovisation und vieles andere, das in Kirchenräumen als deplaziert empfunden werden könnte. In einer zunehmend säkularen Gesellschaft wäre es daher nur logisch, wenn die Orgel zunehmend in weltlichen Räumen aufgestellt und gespielt werden würde.

    Tatsächlich sind ja auch in den letzten 50 Jahren zahlreiche Konzertsaalorgeln errichtet worden. Hier ist eine alphabetische Liste der mir bekannt gewordenen neueren Konzertsaalorgeln in Deutschland (nicht berücksichtigt wurden Instrumente in den Konzertsälen von Musikhochschulen) ... Um herauszufinden, wie oft und in welcher Weise diese Instrumente heute genutzt werden, habe ich die Veranstaltungsprogramme der betreffenden Häuser für die Konzertsaison 2014/15 ausgewertet. ... (Weiterlesen)

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    59. Beitrag (26.01.2015)

    Neuer Stil in der Orgelmusik – ein Vorgeschmack zukünftiger Orgelmusik?

    Die heutigen Programme von Orgelkonzerten und Orgel-CDs werden bekanntlich dominiert von den großen Orgelkomponisten des 17. bis 20. Jahrhunderts. Komponisten der Gegenwart spielen keine große Rolle, die Gegenwart wird hauptsächlich durch Improvisationen der Organisten vertreten. Allenfalls erklingt hie und da einmal ein Werk von Thierry Escaich (geb. 1965) oder Naji Hakim (geb. 1955) oder einer anderen komponierenden Organistengröße. Stilistisch gehören deren Werke freilich noch ganz dem ausgehenden 20. Jahrhundert an: Es fällt schwer, grundsätzliche Unterschiede zur Musik der vorangegangenen Organistengenerationen, beispielsweise von Pierre Cochereau (1924-1984), zu benennen. Für den normalen Hörer dominiert jedenfalls das Verbindende: Es klingt meistens dissonant, „schräg“ – also die Tonalität sprengend – und laut, und es ist oft von einer rastlos hastenden, aber rhythmisch einfältigen Motorik dominiert – oder es ergeht sich in zarten, ätherischen Klängen, die ebenso dissonant und „schräg“ sind.

    Der Eindruck, den die aktuelle Orgelwelt nach außen vermittelt, ist folglich: Es tut sich nichts, es bleibt alles beim alten. Doch bei genauem Hinschauen zeigt sich, daß sich unter der Oberfläche, im Verborgenen, sehr wohl eine Menge tut: Es entwickelt sich derzeit nichts Geringeres als ein neuer Musikstil, der vollkommen konträr zur Orgelmusik der vergangenen Jahrzehnte ausgerichtet ist. Und dieser neue Stil verbreitet sich bereits in einem ganz erstaunlichen Tempo, auch wenn er in Konzerten und auf CDs bislang eher selten zu hören ist. ... (Weiterlesen)

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    58. Beitrag (04.01.2015)

    Einblicke in die Interessen der surfenden Orgelwelt

    Als Administrator der Website der Walcker-Stiftung mache ich so manche überraschende Beobachtung bezüglich der Präferenzen von Besuchern der Website. Diese Beobachtungen geben Einblick in die Interessen von Orgelbegeisterten und professionell mit der Orgel befaßten Personen und widerlegen manche naheliegende Vorstellung über unsere orgelinteressierten Zeitgenossen.

    Beispielsweise hatte ich 2013 noch die Vorstellung, daß die Mitglieder der heutigen Orgelwelt in der Regel brennend an der Geschichte der Orgel und ihrer Musik interessiert sein müssen. Denn es wird ja heute vorwiegend historische Orgelmusik gespielt, die Orgelbauwerkstätten werden laufend damit beauftragt, ältere Orgeln in ihren Ursprungszustand zurückzuversetzen, und wenn neue Orgeln gebaut werden, so baut man sie mit Blick auf die Darstellung historischer Orgelmusik entweder als Stilkopie oder als eklektischen Mix verschiedener historischer Stile. Einen eigenen, für unsere Zeit charakteristischen Stil gibt es dagegen im modernen Orgelbau nicht, von neuartigen Prospektgestaltungen einmal abgesehen.

    Als ich im Oktober 2013 die Rubrik »Orgelgeschichte« eröffnete, hatte ich daher die Erwartung, daß diese Rubrik auf erhebliches Interesse stoßen würde. Inzwischen haben mich die Abrufzahlen jedoch eines Besseren belehrt: ... (Weiterlesen)

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    57. Beitrag (30.11.2014)

    Die neue Hauptorgel der Basilika in Trier ist vollendet

    Inzwischen ist die Orgel der Konstantinbasilika fertiggestellt und ich konnte die Orgel am 29.11., noch vor der eigentlichen Einweihung, bei der Vorab-Präsentation der Orgel für die Pfeifen-Paten sehen und hören. Ich nahm von dieser Präsentation hauptsächlich zwei Eindrücke mit, einen guten und einen schlechten. Zuerst der gute Eindruck: Klanglich ist die Orgel sehr überzeugend. Ihr Charakter läßt sich als sehr nobel, sehr vornehm-zurückhaltend beschreiben. Anders als so viele andere Orgeln der jüngsten Zeit wird sie auch in den Plena niemals so laut, daß man den Klang als bedrückend laut empfindet und Verzerrungsprodukte im Mittelohr produziert werden, die man als ein verunklarendes Klirren wahrnimmt.

    Zudem erweist sich die Akustik des Raumes als geradezu ideal für Orgelklänge: Der Nachhall (der Raum hat eine Nachhallzeit von ca. 6 Sekunden) ist auch in der Raummitte noch deutlich schwächer als der Direktschall, so daß die Orgel stets völlig klar zu hören ist; erst wenn sie verstummt, wird der Nachhall bewußt.

    Trotz ihrer vornehmen Zurückhaltung verfügt die Orgel über eine goße Palette von gut tragenden, den Raum füllenden Solostimmen, insbesondere die Solo-Flöten und -Zungen sind von großem Reiz. Sehr eindrucksvoll ist auch das überaus gravitätische Fond d'Orgue mit Grundierung durch den hervorragenden 32'-Principal im Pedal und der flirrende Streicherchor im Orchestral. Sehr angenehm aufgefallen ist mir auch die Kontraposaune 32', weil sie viel tragenden Ton und wenig Geräusch macht, anders als so manche französische Contre-Bombarde 32', deren tiefste Töne oft eher an das Geräusch eines Helikopters oder einer Kanonade erinnern als an ein Musikinstrument.

    Und nun zur schlechten Nachricht: ... (Weiterlesen)

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    56. Beitrag (25.11.2014)

    Aufregung in der Orgelwelt wegen eines Orgelverkaufs

    Wie die WAZ am 19.11.14 berichtete, ist die Orgel der Martin-Luther-Kirche in Witten nach Italien verkauft worden. Die zweimanualige Orgel mit 24 Registern ist 1982 von der Firma Steinmann für 200.000 DM errichtet worden und funktioniert tadellos. Der Verkauf einer solchen Orgel ist heute freilich nichts ungewöhnliches mehr – im Zuge der Kirchenschließungen wurden schon jüngere Orgeln verkauft. Aber die Martin-Luther-Kirche in Witten wird nicht geschlossen. Die Orgel wurde vielmehr verkauft, weil – so die Auskunft des Pfarrers – die Gemeinde keine »Orgelkirche« sei, sondern ein anderes Profil entwickelt habe in Richtung Popmusik und Gospel. Die Orgel sei daher schon lange nur noch ein Instrument unter vielen, sie gebe hier nicht mehr den Ton an. Nur etwa einmal im Monat noch sei sie im Einsatz gewesen, einen bezahlten Kirchenmusiker gebe es dafür auch schon lange nicht mehr. Um die hohen Wartungskosten zu sparen, will man nun statt der Pfeifenorgel »eine digitale Lösung«. Der Verkaufserlös von 55.000 Euro werde der Kirchenmusik in der Gemeinde zugute kommen.

    Über den Verkauf ärgern sich nun einige Gemeindemitglieder, welche seinerzeit für den Bau der Orgel gespendet haben – das ist verständlich. Aber auch außerhalb der Gemeinde sorgt der Verkauf für Aufregung, nämlich in Orgelkreisen. Dort erregen manche sich über den Niedergang der Kirchenmusik, der sich in diesem Vorgang manifestiere: Die kulturell hochstehende traditionelle Orgel- und Kirchenmusik werde mit dem Verkauf der Orgel unwiderruflich abgelöst von einer trivialen Kirchenmusik populären Stils. Und man ahnt, daß an vielen anderen Orten derzeit eine ähnliche Entwicklung abläuft und auch dort der Verkauf von Orgeln wegen des kirchenmusikalischen Stilwechsels kommen kann oder möglicherweise schon geschehen ist. Läßt man den kulturellen Hochmut in dieser Einschätzung beiseite, so dürfte sie in der Sache zutreffen: Die traditionelle Orgel- und Kirchenmusik wird tatsächlich in der Gegenwart allmählich abgelöst von einer anderen Kirchenmusik populären Stils. Insoweit kann man die eingangs genannte Zeitungsmeldung durchaus als ein kleines Menetekel für die traditionelle Kirchenmusik auffassen.

    Mich interessiert an dieser Geschichte aber ein anderer Aspekt. ... (Weiterlesen)

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    55. Beitrag (20.11.2014)

    Weltliche Musik in der Kirche?

    Derzeit vollzieht sich ein tiefgreifender Wandel in der Musikpraxis auf den Kirchenorgeln: Immer häufiger erklingt populäre Musik weltlichen Ursprungs in Konzerten und sogar in Gottesdiensten auf der Orgel. Für manche Kirchenmusiker und Geistliche stellt sich da die Frage, ob das nicht eigentlich eine Entweihung der Orgel und der Kirche ist.

    Andere hingegen halten es für völlig legitim, weltliche Melodien im Kirchenraum als geistliche Musik erklingen zu lassen. Sie verweisen darauf, daß dies eine jahrhundertealte Praxis sei. Selbst Martin Luther, der doch eine konsequente Reinigung der damals völlig verweltlichten Kirche anstrebte, habe weltliche Lieder mit neuem geistlichem Text versehen und im Gottesdienst singen lassen. Dieser Praxis der Reformation verdanken wir einige der schönsten traditionellen Kirchenlieder, die in den Kirchen allgemein und uneingeschränkt akzeptiert sind und an deren weltlichen Ursprüngen sich nie jemand gestört hat. Was bei diesen Liedern als richtig erschien, das könne heute doch nicht falsch sein.

    Dieses Argument wiederum überzeugt die Kritiker erfahrungsgemäß nicht wirklich. Sie könnten beispielsweise darauf verweisen, daß damals der musikalische Gegensatz zwischen weltlicher und geistlicher Musik weitaus geringer gewesen ist als heute, weshalb eine damalige Übernahme aus dem einen in den anderen Bereich sich gar nicht vergleichen lasse mit einer heutigen Übernahme. Darauf könnten die Befürworter wiederum antworten, daß die Größe des musikalischen Unterschiedes belanglos sei. Denn so andersartig eine Musik auch sein mag, es gebe keine Akkordfolgen, Melodien oder Rhythmen, die per se »weltlich« sind und daher die Musik insgesamt untauglich für den kirchlichen Raum machen.

    Um in diesen Streit etwas Licht zu bringen, möchte ich an dieser Stelle die historischen Vorbilder für eine Übernahme von Musik weltlichen Ursprungs in den kirchlichen Raum näher betrachten, um zu verstehen, warum diese Übernahme jahrhundertelang praktiziert wurde, und um zu klären, ob die damaligen Gründe auch heute noch gültig sind. ... (Weiterlesen)

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    54. Beitrag (04.11.2014)

    Die neue Website der Walcker-Stiftung besteht seit drei Jahren

    Vor genau drei Jahren, am 4.11.2011, wurde die neue Domain der Walcker-Stiftung www.walcker-stiftung.de mit einer neuen Website öffentlich zugänglich gemacht – für die Walcker-Stiftung ist dies ein guter Anlaß, auf die Entwicklung dieser Website zurückzublicken und das bisher Erreichte zu resümieren.

    Natürlich war dies nicht die erste Website der Walcker-Stiftung, denn die Stiftung hatte bereits seit ca. 2004 eine kleine Homepage unter der Adresse der Universität Siegen, an der ihr damaliger Vorsitzender Prof. Dr. Hermann J. Busch wirkte. Aber die neue Website mit eigener Domain stellte einen grundlegenden Wechsel in der Öffentlichkeitsarbeit der Walcker-Stiftung dar: Die alte Homepage diente ausschließlich der Selbstdarstellung der Walcker-Stiftung und zur öffentlichen Ankündigung der Colloquien, welche die Walcker-Stiftung damals in jedem zweiten Jahr durchführte. Da sich auf dieser Homepage folglich selten etwas tat, wurde sie natürlich von der Öffentlichkeit weitgehend ignoriert. Die neue Website hingegen war von vornherein als Publikationsplattform geplant, auf der zunächst die ausstehenden Colloquiumsberichte mit Artikeln zur aktuellen Lage des Orgelwesens und danach möglicherweise weitere orgelwissenschaftliche Publikationen veröffentlicht werden sollten. Die bisherigen und zukünftigen Buchveröffentlichungen sollten also ergänzt werden durch Internetpublikationen, um dadurch rascher, aktueller, kostengünstiger und für ein breiteres Publikum als bisher veröffentlichen zu können.

    Allerdings hat sich der Vorstand der Walcker-Stiftung bei dieser Entscheidung nicht einmal im Traume vorstellen können, welche Ausweitung dieses Konzept im Laufe der Zeit nehmen und was für eine Erfolgsgeschichte die Website dadurch werden würde! ... (Weiterlesen)

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    53. Beitrag (23.10.2014)

    Spieler von Orgelbearbeitungen populärer Musik im Internet

    Seit ca. 2007 gibt es auf YouTube Videos mit Orgelbearbeitungen von Pop- und Filmmusik, seit 2009 werden solche Videos in stark wachsender Zahl hochgeladen. In den ersten Jahren dieser neuen Mode hat jeder einzelne Autor zumeist nur ein oder zwei solcher Videos veröffentlicht; der starke Zuwachs entstand dadurch, daß sich immer mehr Orgelspieler dieser neuen Art von Orgelmusik zuwandten. In jüngster Zeit jedoch sind etliche Orgelspieler dazu übergegangen, in ihren YouTube-Kanälen viele derartige Bearbeitungen zu präsentieren, und manche haben ihre YouTube-Kanäle schwerpunktmäßig solchen Orgelbearbeitungen populärer Musik gewidmet. Was sind das für Leute, wie alt sind sie, welche musikalische Ausbildung haben sie genossen, welche Interessen leiten sie? Nachfolgend möchte ich derartige YouTube-Kanäle vorstellen und die Informationen, welche die jeweiligen Inhaber von sich veröffentlicht haben, zusammenfassen, um zu einem besseren Verständnis der gegenwärtigen Entwicklung zu gelangen. ... (Weiterlesen)

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    52. Beitrag (5.10.2014)

    Sind Publikationen über orgelbezogene Themen Männersache?

    Es ist eine so alltägliche Erfahrung, daß sie bisher anscheinend niemandem aufgefallen ist: Publikationen über orgelbezogene Themen stammen in der Regel von männlichen Autoren. Beispielsweise enthalten die letzten sieben Bände der renommierten »Acta Organologica« insgesamt 97 Artikel, von denen nur drei (also rund 3 Prozent) auf weibliche Autoren zurückgehen. Daß dies nicht am Herausgeber liegt, erkennt man, wenn man andere Orgelfachzeitschriften auf Publikationen weiblicher Autoren durchsucht. Ich habe mir diese Mühe bei den letzten 15 Jahrgängen 2000 bis 2014 der Zeitschrift »Ars Organi« gemacht. Unter den 674 Artikeln dieser Jahrgänge finden sich nur 27 Artikel (= 4%), die ganz oder teilweise von weiblichen Autoren stammen. Nicht wesentlich anders sieht es bei der Zeitschrift »organ – Journal für die Orgel« aus. Diese enthält in den Jahrgängen seit 2000 insgesamt 504 Artikel, davon 29 Artikel weiblicher Autoren (= 5,8%).

    Die Durchsicht dieser beiden Zeitschriften brachte noch eine weitere verblüffende Beobachtung: Die Tendenz in den vergangenen 15 Jahren ging keineswegs zu mehr Beiträgen weiblicher Autoren, sondern ganz im Gegenteil zu einem weitgehenden Verstummen der weiblichen Autoren: ... (Weiterlesen)

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    51. Beitrag (15.09.2014)

    Über die Herkunft der terzhaltigen Mixturen, mit Schlußfolgerungen bezüglich aktueller Rekonstruktionsprojekte

    Mixtur-Register wurden und werden sehr unterschiedlich zusammengesetzt: Mixturen können aus unterschiedlich vielen Pfeifenreihen zusammengesetzt sein, sie können in der Tonlage variieren und die Art und Weise der Repetition kann unterschiedlich gestaltet sein. Außerdem können Mixturen entweder nur mit Oktavreihen, oder mit Ok­tav- und Quint­reihen, oder mit Oktav-, Quint- und Terzreihen besetzt sein. Von besonders großer Bedeutung für die Klangwirkung einer Mixtur ist das Vorhandensein oder Fehlen von Terzreihen, denn diese färben das Plenum in einer sehr charakteristischen Weise ein. Je nach Zeit, Region und auch Orgelbauer wurden Terzreihen mal verwendet, mal gemieden: Beispielsweise wurden sie von der deutschen Orgelbewegung des 20. Jahrhunderts gemieden, im deutschen Orgelbau um 1900 dagegen waren sie beinahe allgegenwärtig. Im 19. Jahrhundert haben Eberhard Friedrich Walcker und seine Schüler Terzmixturen gebaut, hingegen konstruierten mitteldeutsche Orgelbauer (z.B. Johann Friedrich Schulze und Friedrich Ladegast) und französische Orgelbauer (z.B. Aristide Cavaillé-Coll) terzlose Mixturen. Noch sehr viel komplizierter differierten die Gepflogenheiten der Orgelbauer im 18. Jahrhundert.

    Terzhaltige Mixturen muß es erstaunlich früh in der Orgelgeschichte gegeben haben: Bekanntlich werden Terzreihen in Mixturen schon von Arnolt Schlick 1511 beiläufig erwähnt (»und soll die mixtur scharpff schneidend sein/ nit von quinten oder tertzen die man bescheidlich hören mag«). Belegt ist auch, daß der Kölner Orgelbauer Hans Suys seine 1519 in Kalkar geschaffene Orgel mit einer Terzreihe im Principal-Plenum ausstattete, denn 1555 wurde diese Reihe durch eine Superoktave-Reihe ersetzt. Terzhaltige Mixturzusammensetzungen aus dem 16. und frühen 17. Jahrhundert sind uns jedoch nicht überliefert. Die wenigen Mixturzusammensetzungen, die aus dieser Zeit dokumentiert sind, besitzen allesamt keine Terzreihen: ... Von daher stellt sich die Frage, ab wann und in welchen Regionen terzhaltige Mixturzusammenstellungen belegt werden können. Hier folgt eine Liste aller mir bekannten Belege für Terzmixturen bis ca. 1735: ... (Weiterlesen)

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    50. Beitrag (08.09.2014)

    Die neue Orgelmusik in populären Stilen verbreitet sich: Die Entwicklung der letzten 12 Monate

    Vor zwei Jahren wurde der Blog »Orgelwelt aktuell« auf der Website der Walcker-Stiftung für orgelwissenschaftliche Forschung eröffnet mit dem Beitrag »Die neue Orgelmusik in populären Stilen verbreitet sich«. Darin präsentierte ich eine Liste von 53 YouTube-Videos, die neue Orgelkompositionen in populären Stilen darbieten. 12 Monate später stellte ich erneut eine Liste mit 73 weiteren derartigen Musikvideos zusammen, die mir in der Zwischenzeit bekannt geworden waren. Da viele Orgelinteressierte von der Existenz dieser Musik entweder noch keine Ahnung hatten oder an der Zusammenstellung von Links zu Einspielungen dieser Musik interessiert waren, waren diese Listen zeitweilig die meistabgerufenen Beiträge im Blog »Orgelwelt aktuell«.

    Inzwischen ist ein weiteres Jahr vergangen und es sind zahlreiche weitere Videos mit Orgelmusik in populären Stilen hochgeladen worden. Hier folgt wiederum eine alphabetisch geordnete Liste von 88 derartigen Musikvideos, die mir in der Zwischenzeit bekannt geworden sind: ... (Weiterlesen)

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    49. Beitrag (21.06.2014)

    Zehn Jahre nach dem Warnruf – was wurde inzwischen erreicht?

    Vor genau zehn Jahren, Ende Juni 2004, erschien in der Zeitschrift »Ars Organi« mein Leserbrief »Liebster Jesu, wir sind vier ...«. Sein Inhalt war ein Warn- und Weckruf an die Orgelwelt: »Die Orgel erreicht heute nur noch einen winzigen, stark überalterten Bruchteil der Gesellschaft. Orgelkonzerte ähneln vielerorts bereits Veranstaltungen des Altenvereins; den Unter-50-Jährigen scheinen sie obsolet geworden zu sein. Nicht sehr viel anders sieht es bei den Gottesdienstbesuchern aus, sieht man einmal von den hohen Festtagen ab. Das fortgeschrittene Alter des ohnehin kleinen Orgel-Publikums läßt überdies erwarten, daß das Interesse an Orgeln und Orgelmusik in den kommenden 2 Jahrzehnten rapide zurückgehen wird. [...] Die Kirchen als Hauptträger des Orgelwesens schrumpfen personell wie finanziell in atemberaubendem Tempo. Das Orgelwesen wird daher in Deutschland in absehbarer Zukunft ein Mauerblümchendasein fristen, ähnlich wie schon seit langem in manchen anderen europäischen Ländern.«

    Als Gegenmaßnahmen schlug ich in dem Leserbrief vor: »Verknüpfen wir die Orgel und ihre Musik mit den Wünschen und Sehnsüchten unserer Zeit. Schreiben und improvisieren wir eine Orgelmusik, die heutige musikalische Vorlieben benutzt, um einem musikalischen Gegenentwurf zu unserer Zeit Ausdruck zu geben. Beteiligen wir wieder die Hörer an der Auslese von gelungenen Kompositionen und der Ausscheidung der weniger gelungenen. Adaptieren wir erfolgreiche Musik aus anderen musikalischen Sparten für die Orgel. Lassen wir die heute unfruchtbar gewordene »historische Aufführungspraxis« hinter uns und geben wir der überlieferten Orgelmusik eine Interpretation, mit der sie auf Vorlieben unserer Zeit antwortet. Sorgen wir für einen zu den Wünschen und Bedürfnissen unserer Zeit passenden Veranstaltungsrahmen, in der die Orgel erklingt.«

    Wie zu erwarten war, erregte der Leserbrief beträchtliches Aufsehen und viel Widerspruch. ... (Weiterlesen)

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    48. Beitrag (05.06.2014)

    Der Besuch von Orgelkonzerten am Beispiel der Auferstehungskirche Düsseldorf-Oberkassel

    Das Orgelkonzertleben in Düsseldorf ist ungewöhnlich rege, es finden hier bemerkenswert viele Orgelkonzerte pro Jahr statt und die Konzerte sind in der Regel erstaunlich gut besucht. Zu den wichtigen Orten im Düsseldorfer Orgelkonzertleben gehört die Auferstehungskirche in Düsseldorf-Oberkassel. Sie besitzt eine stattliche Orgel mit drei Manualen und 65 Registern, welche von der Firma W. Sauer (Frankfurt/Oder) im Jahr 2004 erbaut wurde. Auf diesem Instrument mit unkonventioneller und ungewöhnlich vielseitiger Disposition werden alljährlich im April und Mai Orgelkonzerte gespielt im Rahmen der Konzertreihe »Oberkasseler Orgelfrühling«, die in diesem Jahr bereits zum zehnten Mal durchgeführt worden ist. Die Konzerte wurden und werden gut besucht: Sie werden im Schnitt ähnlich frequentiert wie Orgelkonzerte in der Düsseldorfer Innenstadtkirche St. Lambertus und sogar deutlich besser besucht als Konzerte in der Düsseldorfer Johanneskirche oder in St. Andreas.

    Seit 2007 veröffentlicht Clemens Schäfer im Internet regelmäßig Konzertkritiken zu den Orgelkonzerten, die er in Düsseldorf und Umgebung besucht. Dankenswerterweise nennt er in diesen Kritiken stets auch die Zahl der Konzertbesucher, wobei es sich natürlich um Schätzungen handelt, nicht um exakte Zählungen. Durch diese Kritiken liegen mir für die Reihe »Oberkasseler Orgelfrühling« vergleichbare Besucherzahlen aus immerhin acht Jahren vor, so daß sich eine Auswertung der Zahlen lohnt hinsichtlich der Frage: Weisen diese Zahlen eine tendenzielle Zunahme oder Abnahme der Besucherzahl aus? ... (Weiterlesen)

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    47. Beitrag (30.05.2014)

    Orgelsachverständige

    Kein Zweifel: Orgelsachverständige sind notwendig und unverzichtbar. Der Bau einer Orgel war schon immer überaus teuer und handwerklich äußerst anspruchsvoll; obendrein muß die Orgel als Musikinstrument schwer zu definierenden künstlerischen Anforderungen entsprechen. Es erwies sich daher schon im Mittelalter als unumgänglich, daß erfahrene Organisten eine neu erbaute oder auch umgebaute Orgel bei der Übergabe an den Auftraggeber auf tadellose Funktion und musikalisch ansprechende Wirkung überprüfen. Doch die Erfahrung zeigte, daß auch eine solche Überprüfung manchmal nicht genügte: Eine Orgel kann bei Ablieferung tadellos funktionieren, so daß ein prüfender Musiker voll des Lobes ist - und dabei doch so schlecht konstruiert oder gearbeitet sein, daß sie nach nur zehn Jahren praktisch unbrauchbar ist. Diese Erfahrung veranlaßte die Kirchen schon in der Barockzeit dazu, spätestens bei der Orgelabnahme besonders orgelkundige Personen – also Orgelsachverständige - beizuziehen, welche solchen Schund erkennen und rechtzeitig beanstanden sollten.

    Solche orgelkundigen Personen fallen freilich nicht vom Himmel. ... (Weiterlesen)

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    46. Beitrag (20.05.2014)

    Zur Diskussion um die zukünftige Konzeption der Orgeln in der Marienkirche Lübeck

    Seit einigen Wochen gibt es eine lebhafte öffentliche Diskussion über die zukünftige Konzeption der Orgeln in der Marienkirche Lübeck. Auslöser dieser Diskussion ist der mängelbehaftete Zustand der Hauptorgel, die 1968 von der Firma Kemper mit fünf Manualen und 101 Registern errichtet wurde, und der erneute starke Schimmelbefall der sogenannten Totentanzorgel im Chor, welche die Firma Führer 1986 mit vier Manualen und 56 Registern erbaut hat. Vor allem aber ging im Jahr 2009 der bisherige, seit 1973 amtierende Marienorganist Ernst-Erich Stender (*1944) in Ruhestand und sein Nachfolger Johannes Unger (*1976) ist als Angehöriger einer sehr viel jüngeren Generation unzufrieden mit der klanglichen Konzeption der beiden Orgeln. Sowohl die technischen Mängel und Probleme als auch die Kritik an der klanglichen Konzeption wurden 2011 dokumentiert in einem Gutachten des zuständigen Orgelsachverständigen Hans-Martin Petersen, das inzwischen im Internet veröffentlicht ist.

    Das Gutachten formuliert als Ergebnis: »Die Kemper-Orgel von 1968 kann sowohl im technischen als auch im klanglichen Bereich hohen musikalischen Ansprüchen nicht genügen. Der jetzige Zustand ist mangelhaft. Die 25 Jahre alte Führer-Orgel leidet unter ihrer Doppelfunktion: Ersatz der historischen Totentanzorgel und Kompensation der Defizite der Kemper-Orgel. Durch die zu enge Bauweise ist keine gute Klangentwicklung möglich und der Schimmelpilz wird sich in diesem Gehäuse immer wieder entwickeln, wenn nicht radikale Maßnahmen ergriffen werden. Das sehr ansprechende Positiv in der Briefkapelle wurde mit unzureichenden Kenntnissen restauriert, so dass der wirkliche Reiz dieses Kleinods jetzt nur erahnt werden kann. Der Zustand der drei Orgeln in St. Marien signalisiert dringenden Handlungsbedarf, der über Reparaturen, Reinigungen und Generalüberholungen weit hinausgeht.« Daher empfiehlt das Gutachten die Einsetzung einer Expertenkommission, welche ein neues Konzept erarbeiten soll.

    Daraufhin wurde ein entsprechender Orgelausschuss gegründet, der folgende Ideen entwickelte: ... (Weiterlesen)

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    45. Beitrag (06.02.2014)

    Populäre Musik auf der Orgel

    Im Juni 2013 habe ich im Blog »Orgel aktuell« eine Liste von YouTube-Videos mit Einspielungen von populärer Musik auf Pfeifenorgeln veröffentlicht. In den vergangenen 8 Monaten sind mir 209 weitere Videos ähnlichen Inhalts bekannt geworden, so daß eine Aktualisierung der Liste sinnvoll erscheint.

    Insgesamt sind mir nun 602 YouTube-Videos mit populärer Musik auf Pfeifenorgeln bekannt (vorzugsweise Kirchenorgeln, Theater- und Kino-Orgeln wurden nicht berücksichtigt). Anhand des Einstelldatums der Videos läßt sich beobachten, daß die Zahl der jährlich hochgeladenen Videos dieses Inhalts seit 2006 stark angestiegen ist: ... (Weiterlesen)

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    44. Beitrag (16.01.2014)

    Orgelneubauten sind selten geworden

    Wohl jeder in der Orgelwelt hat es schon bemerkt: Orgelneubauten scheinen – im Vergleich zu früheren Jahrzehnten – selten geworden zu sein. Natürlich gibt es in jedem Jahr immer noch den einen oder anderen aufsehenerregenden Neubau, der durch die Presse geht, aber insgesamt erfuhr man in den letzten Jahren sehr viel seltener als in früheren Jahrzehnten von Orgelneubauten. Gelegentliche Meldungen über die Insolvenz und Schließung renommierter Orgelbaufirmen – beispielsweise jene der Firma Reichenstein (Oberlinger und Furtwängler) 2011, der Firma Oberlinger 2005 und der Firma Walcker Ende 1999 – bestätigen den Eindruck einer schon lange währenden Krise in der Orgelbaubranche.

    Konkrete Zahlen über den Rückgang im Orgelneubau sind freilich nicht allgemein bekannt. Dabei sind solche Zahlen vergleichsweise leicht zu bekommen, denn viele Orgelbauwerkstätten veröffentlichen auf ihrer Website ihre Opusliste. Wenn man solche Listen auswertet hinsichtlich der jährlich ausgeführten Zahl von Neubauten, so bekommt man rasch ein detailliertes Bild vom Rückgang in der Neubautätigkeit im Laufe der vergangenen Jahrzehnte.

    Ich habe mir daher diese Mühe einmal gemacht und zu diesem Zweck im Internet nach Opuslisten von bekannten Orgelbaufirmen gesucht, die mindestens seit 1980 tätig sind und mit zahlreichen Orgelneubauten hervorgetreten sind. Insgesamt 15 Opuslisten solcher Firmen konnte ich ausfindig machen, nämlich von den Firmen: Förster & Nicolaus, Freiburger Orgelbau (Späth), Hey, Jann, Kuhn, Mathis, Mönch, Mühleisen (Leonberg), Rensch, Rieger, Rohlf, Sandtner, Karl Schuke (Berlin), Weimbs und Winterhalter. Natürlich publizieren nicht alle Orgelbaufirmen ihre Werksverzeichnisse, und so fehlen in dieser Liste einige im Orgelneubau wichtige Orgelbaufirmen, beispielsweise Klais, Seifert und Eule. Gleichwohl dürften die vorhandenen Opuslisten ein repräsentatives Bild von der Entwicklung der Neubautätigkeit in Deutschland geben.

    Aus den 15 Opuslisten wurde für jedes Jahr seit 1980 die Zahl der in Deutschland ausgeführten Orgelneubauten extrahiert; aufsummiert ergeben diese Zahlen folgendes Bild: ... (Weiterlesen)

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    43. Beitrag (27.12.2013)

    Alte Orgeln erhalten – wozu?

    Hermann J. Busch, der verstorbene frühere Vorsitzende der Walcker-Stiftung für Orgelwissenschaft, hat beim »Richtfest« für die historische Orgel in Borgentreich am 2.10.2010 einen Vortrag gehalten über die Frage »Alte Orgeln erhalten – wozu?«. Kürzlich wurde dieser Vortrag von der Zeitschrift »Ars Organi« abgedruckt und so einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

    Busch gibt in seinem Vortrag eine durchaus ungewöhnliche und provozierende Antwort auf die Frage »Wozu alte Orgeln erhalten?«: »Zu gar nichts! Alte Orgeln zu erhalten, das ist von gar keinem Nutzen, und gerade deshalb muss es geschehen.« Zur Begründung verweist Busch darauf, daß Kunst und Kultur bestimmt seien durch ihre Zweckfreiheit, ihre Nutzlosigkeit. Das Schöne sei zwecklos, nutzlos, überflüssig, und gerade darin bestehe seine Daseinsberechtigung. Orgeln seien allerdings nicht nur ästhetische Objekte, sondern zugleich Zeugnisse des Lebens und Wirkens vergangener Generationen. Alte Orgeln zu erhalten sei daher auch ein Akt der Pietät gegenüber den Leistungen unserer Vorfahren und eine Vergewisserung über unseren historischen Ort und unsere Wurzeln. In der Auseinandersetzung mit dem Alten, auch und gerade mit dem, was schwierig und sperrig daran ist, könne uns Neues bewußt werden, Unbekanntes, Verschüttetes, Vergessenes in neuem Licht dastehen. Alte Orgeln hätten daher schon verschiedentlich neue Orgelmusik inspiriert.

    Buschs Antwort: »Zu gar nichts! ... und gerade deshalb muß es geschehen!« macht auf mich als Leser des Vortrags einen etwas kindischen, patzigen Eindruck. Sie provoziert die Frage, ob diese Antwort nicht viel zu wenig ist angesichts des millionenschweren Aufwandes, der für die Restaurierung der Borgentreicher Orgel und anderer historischer Orgeln notwendig war und ist. Gibt es wirklich keine bessere Antwort auf die aufgeworfene Frage? ... (Weiterlesen)

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    42. Beitrag (13.12.2013)

    Neue Rekonstruktionen mittelalterlicher Orgeln

    Der mittelalterliche Orgelbau hat schon seit den Tagen von Michael Praetorius die Neugierde der Orgelinteressierten gereizt, eben weil mittelalterliche Orgeln den schriftlichen und bildlichen Quellen zufolge so anders waren als die Orgeln der Neuzeit, aber keine einzige Orgel des Mittelalters so erhalten geblieben ist, daß man heute noch ihren Klang erleben kann. Um diese Neugierde auf den mittelalterlichen Orgelklang zu befriedigen, sind in den letzten Jahren und Jahrzehnten etliche neue Kleinorgeln gebaut worden, die im Aussehen und Klang den mittelalterlichen Orgeln nahe kommen sollen.

    Die Anfänge dieser Entwicklung liegen bereits in den 1980er- und 1990er-Jahren. Damals wurden einige Nachbauten mittelalterlicher Orgeln für Orgelmuseen erstellt: So erstellte 1988 die Firma Oberlinger für das Orgel Art Museum in Windesheim ein gotisches Positiv als Nachbau der bekannten Positiv-Darstellung auf einem 1426-32 gemalten Altarbild von Jan und Hubert van Eyck in Gent, St. Bavo ... (Weiterlesen)

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    41. Beitrag (26.11.2013)

    Eine neue Hauptorgel für die Basilika in Trier

    Derzeit erstellt die Firma Eule in Bautzen eine neue Orgel für die evangelische Basilika in Trier. Die Einweihung der Orgel soll nach derzeitiger Planung am Ersten Advent 2014 stattfinden. Den monumentalen Ausmaßen des Raumes entsprechend (Länge 67 m, Breite 27 m, Höhe 33 m) wird das Instrument von beachtlicher Größe sein: 87 Register und vier Manuale sind geplant, im Prospekt wird ein Pedalprincipal 32' ab Gis stehen. Die Orgel wird in drei rechteckigen Gehäusekästen untergebracht, welche die Fensternischen der südlichen Schmalseite gegenüber dem Chorraum und damit einen Großteil dieser Südwand einnehmen werden. Eine computergenerierte Darstellung der fertigen Orgel findet sich hier.

    Leider ist der geplante, vom Architekturbüro Auer & Weber (München/Stuttgart) entworfene Prospekt ziemlich einfallslos; im Stil erinnert er an kubistische Orgelgestaltungen der 1960er-und 1970er-Jahre. Immerhin zwingt er den Orgelbauer nicht zu gravierenden orgelbautechnischen Verrenkungen. Aber in seiner Linienführung nimmt er in keiner Weise die Rundbogenformen auf, welche die Gestaltung des Raums dominieren; die Orgel wird daher leider als störender Fremdkörper im Raum erscheinen. Um wieviel besser paßte doch der 1944 zerstörte Orgelprospekt von 1856 in den damaligen Raum, siehe hier!

    Wenn auch die äußere Gestaltung der neuen Orgel kaum zukunftsweisend ist, ihre Disposition und Technik entspricht den neuesten Tendenzen. Die geplante Disposition lautet: ... (Weiterlesen)

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    40. Beitrag (14.11.2013)

    Zukunftsaussichten in der katholischen Kirchenmusik

    Um die Jahrtausendwende gab es in der katholischen und in der evangelischen Kirche Deutschlands nahezu die gleiche Anzahl von hauptamtlichen Kirchenmusiker, nämlich jeweils knapp über 2000. Beide Kirchen mußten sich seit der Jahrtausendwende mit sinkenden Einnahmen arrangieren, daher stand und steht der Bereich der Kirchenmusik in beiden Kirchen unter einem ausgeprägten Spardruck.

    Trotz dieser gemeinsamen Ausgangslage haben die beiden Kirchen in Bezug auf die Kirchenmusik bemerkenswert unterschiedlich agiert: Während die Zahl der hauptamtlichen Kirchenmusikerstellen in der evangelischen Kirche nur geringfügig abgenommen hat auf knapp unter 2000 Stellen, ist die Zahl der Kirchenmusikerstellen in der katholischen Kirche im Zeitraum 2002 bis 2009 drastisch zusammengestrichen worden auf knapp 1400 Stellen – eine Reduktion um fast ein Drittel: ... (Weiterlesen)

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    39. Beitrag (26.10.2013)

    Rosige Aussichten für junge, evangelische Orgelspieler?

    Am 1.12.2012 publizierte der Verband evangelische Kirchenmusik in Württemberg auf seiner Internet-Repräsentanz eine Powerpoint-Präsentation des badischen Landeskirchenmusikdirektors Kord Michaelis mit dem Titel: »Evangelische Kirchenmusik in Deutschland – Aktuelle Ausbildungssituation März 2012«. Darin wird gezeigt, daß die Stellensituation der evangelischen Kirchenmusik seit Jahrzehnten bemerkenswert stabil ist: Es gibt nahezu unverändert knapp 2000 hauptamtliche Stellen mit mindestens 50% Beschäftigung. Die Zahl der rechnerischen Vollzeitstellen ist erstaunlicherweise von 2005 bis 2012 nicht etwa gesunken, sondern hat sogar um 5% zugenommen von 1560 auf 1641 Stellen. Dagegen sei die Zahl der Studienplätze, der Studierenden und der jährlichen Absolventen des Faches evangelische Kirchenmusik deutlich gesunken. Dies werde zur Folge haben, daß den durch Verrentung freiwerdenden evangelischen Kirchenmusikerstellen (geschätzt mindestens 50 pro Jahr) in den kommenden Jahren nicht ausreichend Berufseinsteiger gegenüberstehen werden. Der Autor fordert daher,
    - daß sehr bald klare Aussagen der Kirche zur Attraktivität des Berufs und zur Verlässlichkeit der Stellenstruktur in die Öffentlichkeit kommen,
    - daß massive Anstrengungen in der Nachwuchsgewinnung bei Jugendlichen gemacht werden,
    - daß ein vielseitiges Studienangebot mit einer ausreichenden Anzahl an „Anbietern“ und Studienplätzen erhalten bleibt.

    Der Verband schreibt in seiner Vorrede zu dieser Präsentation: »Wir müssen alles daran setzen, unseren Beruf - einen der schönsten und sinnvollsten der Welt - wieder populärer zu machen und junge Menschen dafür zu begeistern.«

    Man traut kaum seinen Augen – brechen rosige Zeiten für Absolventen des Kirchenmusikstudiums an? Werden Organisten bald genauso gefragt sein wie Ingenieure und Altenpfleger? Jahrelang wurde diskutiert über anstehende Kirchenschließungen, dramatische Sparmaßnahmen der Kirche gerade auch bei der Kirchenmusik und infolge dieser Maßnahmen arbeitslose Kirchenmusiker – waren dies alles unangebrachte Schwarzmalereien?? Das ist leider zu schön um wahr zu sein! ... (Weiterlesen)

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    38. Beitrag (11.10.2013)

    Chancen für den Orgelbau

    Gastbeitrag von Ernst Zacharias, mit einer Einleitung von Roland Eberlein

    In den letzten ca. 40 Jahren ist der Orgelbau in Deutschland gekennzeichnet gewesen von dem Bestreben, Orgeln zu bauen, die historischen Orgeln klanglich nahe kommen. Dienten anfangs primär die norddeutschen Barockorgeln als Vorbilder, so richtete sich bald der Blick auch auf französische Barockorgeln. In den 1980er-Jahren kamen die Orgeln von Aristide Cavaillé-Coll als mögliche Vorbilder hinzu. Um die Jahrtausendwende entdeckte man den mitteldeutschen Orgelbau des Spätbarocks als lohnendes Nachahmungsobjekt. In den letzten 10 Jahren ist auch die englische Spätromantik gelegentlich imitiert worden. Jene Orgeln, die keine Stilkopie sein sollten, wurden zumeist als eklektische Mischung verschiedener historischer Stile konzipiert.

    Inzwischen ist bei vielen Organisten und Orgelbauern ein wachsender Überdruss an diesem Historismus zu verspüren. Eine neue Orgel à la Cavaillé-Coll oder im Schnitger-Stil löst bei ihnen nur noch ein gelangweiltes Stönen aus: » Schon wieder …!« Neue Impulse für den Orgelbau sind mehr und mehr gefragt. Bisher richtet sich der Blick dabei vorwiegend auf die Anwendung von Computertechnik auf die Spiel- und Registertraktur, man denke beispielsweise an das Sinua-System. Allerdings ist abzusehen, daß die meisten so geschaffenen neuen Möglichkeiten in der Praxis keine nachhaltige Bedeutung erlangen werden, da sie nur ein nettes Spielzeug für technikbegeisterte Organisten darstellen, aber keine ernstzunehmende musikalische Anwendung erkennen lassen. Jedoch gibt es schon heute Ideen und Ansätze, die ein großes Potential für eine wesentliche Fortentwicklung des Orgelbaus haben. Einige dieser Ideen werden nachfolgend vorgestellt. ... (Weiterlesen)

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    37. Beitrag (21.09.2013)

    Die neue Orgelmusik in populären Stilen verbreitet sich: Die Entwicklung der letzten 12 Monate

    Vor genau einem Jahr wurde der Blog »Orgelwelt aktuell« auf der Website der Walcker-Stiftung für orgelwissenschaftliche Forschung eröffnet mit dem Beitrag »Die neue Orgelmusik in populären Stilen verbreitet sich«. Darin präsentierte ich eine Liste von YouTube-Videos, die neue Orgelkompositionen in populären Stilen darbieten. Da viele Orgelinteressierte von der Existenz dieser Musik entweder noch keine Ahnung hatten oder an der Zusammenstellung von Links zu Einspielungen dieser Musik interessiert waren, wurde der Beitrag in den nachfolgenden Monaten recht häufig angeklickt: Derzeit ist er immer noch der Blogbeitrag mit der dritthöchsten Abrufzahl.

    Natürlich sind in den vergangenen 12 Monaten zahlreiche weitere Videos mit Orgelmusik in populären Stilen hochgeladen worden. Hier folgt eine alphabetisch geordnete Liste von 75 weiteren derartigen Musikvideos, die mir in der Zwischenzeit bekannt geworden sind: ... (Weiterlesen)

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    36. Beitrag (11.09.2013)

    In welchen Regionen leben besonders viele Orgelinteressierte?

    Seit nunmehr fünf Jahren ist mein Registerlexikon »Orgelregister, ihre Namen und ihre Geschichte« auf dem Büchermarkt. Als ich das Buch 2008 drucken ließ, ging ich davon aus, daß in der Hauptsache wohl nur Orgelsachverständige und Orgelbauer Interesse an diesem Buch haben würden, schließlich behandelt es ein wirklich sehr spezielles Fachthema. Doch das erwies sich als ein Irrtum. Ganz unerwartet viele Interessenten kauften das Buch, so daß die erste Auflage von 170 Verkaufsexemplaren schon nach sechs Monaten vergriffen war. Heute sind über 400 Exemplare im Umlauf und es ist abzusehen, daß demnächst eine dritte Auflage notwendig werden wird. Gekauft wird es nicht nur von den wenigen Orgelsachverständigen, sondern offensichtlich auch von Organisten und Orgelliebhabern, die ernsthaft nach Fachwissen über die Orgelregister streben und dafür auch einen angemessenen Preis zu zahlen bereit sind.

    An den Bestellungen dieses Buches müßte man eigentlich ablesen können, wie sich die wissensbegierigen Orgelinteressierten über Deutschland verteilen. Sind die Orgelinteressierten in manchen Regionen – etwa solchen mit besonders vielen historischen Orgeln – besonders stark vertreten? Oder verteilen sie sich ähnlich wie die Gesamtbevölkerung über Deutschland? Da ich das Buch im eigenen Verlag vertreibe, liegen mir die Adressen der bestellenden Buchhändler und Privatleute vor, so daß sich diese Frage unschwer beantworten läßt. Einen Überblick ermöglicht folgende Statistik der Bestellungen pro Bundesland: ... (Weiterlesen)

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    35. Beitrag (03.08.2013)

    Klangbeispiele von den neuartigen Zungenregistern in der Rohlf-Orgel der Marktkirche Hamburg-Poppenbüttel

    Im Jahr 2006 errichtete Johannes Rohlf in der Marktkirche Hamburg-Poppenbüttel eine große, dreimanualige Orgel mit einer Weltneuheit: einem Hochdruckwerk mit variablem Winddruck von 0-300 mm Wassersäule und zwei Registern mit "gewendeter Durchschlagszunge" nach Ernst Zacharias. Diese Zungenregister haben die Eigenheit, daß sie sich bei Temperaturveränderungen genau wie Labialpfeifen verhalten, so daß sie sehr viel weniger nachgestimmt werden müssen als herkömmliche aufschlagende oder durchschlagende Zungenstimmen - sie erfüllen damit einen Traum aller Organisten seit über 500 Jahren. Überdies können sie mit wechselndem Winddruck angeblasen werden, ohne daß sich die Tonhöhe der Pfeifen ändert. Dadurch können die Register nach Belieben laut oder leise gespielt oder auch angeschwellt oder abgeschwellt werden, was ihre Verwendungsmöglichkeiten vervielfältigt. Ihre Konstruktionsweise wurde bereits in einem früheren Beitrag zum Blog Orgelwelt aktuell beschrieben, siehe: "Zacharias-Zungenpfeifen: die zukunftsträchtigste Neuerung im Pfeifenbau seit 200 Jahren"

    Trotz dieser hochinteressanten Vorzüge hat die Orgelwelt bislang von der Poppenbütteler Orgel und ihren Zungenstimmen kaum Notiz genommen. Es gibt bisher noch nicht einmal eine Einspielung der Orgel auf CD, und auch keine Klangbeispiele im Internet. Die Orgelwelt war in den letzten Jahren offenbar zu sehr fixiert auf den historisierenden Orgelbau, um sich mit neuartigen Registern auseinander zu setzen.

    Eine Besichtigung der Poppenbütteler Orgel am 24.7.13 gab mir die Möglichkeit, einige Klangbeispiele aufzunehmen und die Orgel sowie ihre neuartigen Zungenstimmen zu fotographieren. Diese Aufnahmen habe ich zu Videos zusammengestellt, die mittels der unten folgenden Links abgerufen werden können. Die Disposition der Orgel lautet: ... (Weiterlesen)

    Klangbeispiele mit Saxophon 8'

  • F. Couperin: Cromorne en taille (5,8 MB)
  • F. Couperin: Récit de Cromorne (5,6 MB)
  • J. S. Bach: Wachet auf, ruft uns die Stimme BWV 645 (7,4 MB)
  • Klangbeispiel mit Klarinette 8'

  • J. Rheinberger: Orgelsonate Nr. 4 a-moll, op. 98, 1. Satz (Ausschnitt) (2,6 MB)
  • Klarinette 8' und Saxophon 8' im Wechsel, forte und piano

  • F. Couperin: Petite Fugue sur le Cromorne, 4 Versionen (6,1 MB)
  • Klarinette 8' und Saxophon 8' zusammen

  • C. Franck: Cantabile H-Dur (Ausschnitt) (3,3 MB)
  • Klarinette 8' und Saxophon 8' unterstützt durch Labialstimmen 8'-2 2/3'

  • M. Schütz: Keep cool (gekürzt) (1,6 MB)
  • (Wenn die Videos vom Computer nicht abgespielt werden, den kostenlosen VLC Media Player herunterladen und installieren:
    Download VLC Media Player)

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    34. Beitrag (12.07.2013)

    Neue Tendenzen in den Programmen von Orgelkonzerten

    Der Sommer ist die Hochsaison der Orgelkonzerte, denn dann verursachen Orgelkonzerte keine Heizkosten. Und weil die Raumtemperaturen weitgehend konstant sind, bleiben auch die Labialstimmen und die Zungenstimmen der Orgeln einigermaßen in Stimmung. Zudem vergrößern vielerorts die Sommertouristen das Konzertpublikum. Und weil die Philharmonien, Opern- und Konzerthäuser ihren Betrieb in der Ferienzeit einstellen, besuchen viele ihrer Abonnenten in dieser Zeit ersatzweise das eine oder andere Orgelkonzert, so daß das Publikum von Orgelkonzerten im Sommer merklich größer ist als zu anderen Zeiten im Jahr. Alle diese Umstände haben dazu geführt, daß es in vielen Städten über den Sommer hinweg Orgelkonzert­reihen gibt.

    Wer in den letzten 6-8 Wochen im Internet die Zeitungsankündigungen zu den bevorstehenden sommerlichen Orgelkonzerten und die Kritiken zu den bereits stattgefundenen Konzerten beobachtet hat, wird erstaunt bemerkt haben, daß die sommerlichen Orgelkonzerte in diesem Jahr sich des öfteren nicht auf die traditionelle Orgelmusik von Sweelinck bis Messiaen sowie Improvisationen des jeweiligen Interpreten beschränken, sondern daneben auch ganz andere Musik darbieten, die bislang kaum auf der Orgel zu hören war. Einige Beispiele mögen dies verdeutlichen: ... (Weiterlesen)

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    33. Beitrag (01.07.2013)

    Soll die Niehoff/Dropa-Orgel von St. Johannis in Lüneburg rekonstruiert werden?

    Am 19. und 20. September 2013 soll das »Lüneburger Orgelsymposium« stattfinden, für das im Internet derzeit um Teilnehmer und Vortragende geworben wird. Dieses Symposium beschäftigt sich mit der Hauptorgel von St. Johannis in Lüneburg. Sie wurde ursprünglich von Hendrik Niehoff 1552-53 erbaut und von Matthias Dropa 1712-15 umgebaut und erweitert um ein großes Pedalwerk. Der Prospekt dieser Orgel ist erhalten, das heutige Orgelwerk wurde von Rudolf von Beckerath 1952-53 geschaffen unter Wiederverwendung einer großen Menge von altem Pfeifenwerk, das auf Niehoff, Dropa und Eduard Meyer 1852 zurückgeht. Nur etwa 10 der 51 Register stammen komplett von Beckerath 1953. Die Windladen und die Trakturen gehen ebenfalls auf Beckerath zurück, sie wurden allerdings teilweise 1976 überarbeitet und erneuert.

    Das Ziel des geplanten Zusammentreffens von Musikwissenschaftlern, Orgelsachverständigen, Orgelbauern und Organisten wird in der Ankündigung so umrissen: »Im Rahmen des Kolloquiums sollen am Beispiel dieses Instrumentes die verschiedenen Möglichkeiten eines verantwortungsvollen Umgangs mit dem historischen Erbe diskutiert werden. Neben einer konservatorischen Behandlung als vielseitiges Universalinstrument steht auch eine Rekonstruktion des historischen Klangbildes, wie es bei Praetorius im Syntagma Musica1 und im Vertrag mit dem Orgelbauer Dropa beschrieben ist, zur Diskussion.«

    Es geht also um die Frage, ob der heutige, 1953 und 1976 geschaffene Zustand der Orgel denkmalswürdig ist und daher erhalten bleiben soll, oder ob der historische Zustand der Orgel im 18. Jahrhundert rekonstruiert werden sollte, sofern dies möglich ist. ... (Weiterlesen)

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    32. Beitrag (16.06.2013)

    Braucht die Orgelpädagogik einen »Standortwechsel der Orgel« vom kirchlichen Raum in ein neutrales Umfeld?

    Unter dem Titel »Wege aus der Vereinnahmung eines Instruments« hat Margareth Tumler in der Mai-Ausgabe 2013 der »Neuen Musikzeitung« nmz einen Artikel veröffentlicht, der sich mit der gegenwärtigen Lage der Orgelpädagogik auseinandersetzt. Sie stellt zurecht fest, daß »in der Orgelpädagogik eine kritische Hinterfragung von althergebrachten Strukturen kaum stattfindet, sondern vielmehr instrumentalpädagogische Ansätze dem konventionellen Rahmen untergeordnet werden«:

    - Orgelunterricht werde meist von derselben Person erteilt, die das Amt des örtlichen Kirchenmusikers innehat, von einem eigenständigen Beruf Orgelpädagoge bzw. Orgelpädagogin könne daher nicht die Rede sein.

    - Im Orgelunterricht gehe es in erster Linie darum, ehren-, neben- oder hauptamtliche Kirchenorganistinnen und -organisten auszubilden. Ein wesentliches Lernziel sei somit das liturgische Orgelspiel, womit ein religiöses Bekenntnis zur Voraussetzung für das Erlernen eines Instruments erhoben werde. Das sei Diskriminierung von Andersdenkenden.

    - Der Standort der Orgel in der Kirche beeinträchtige die Unterrichtsgestaltung und die Übemöglichkeiten. Er beeinflusse überdies die Auswahl der Literatur im Unterricht und die zu vermittelnde Interpretationsweise.

    - Die Beschränkung auf die Kirchenorgel als Unterrichts- und Übeinstrument mache den Unterrichtsbeginn erst ab einer gewissen Körpergröße möglich und schließe kleinere, aber interessierte Kinder aus, die mit zwischenzeitlichem Klavierunterricht auf später vertröstet werden. Das sei demotivierend und einer breiten Nachwuchsförderung nicht dienlich. Außerdem bleibe dabei die künstlerische Spitzenförderung auf der Strecke.

    Tumler fordert daher den »Standortwechsel der Orgel vom Kirchenraum in ein neutrales, freies Umfeld« und verweist darauf, »welche ungeahnten Möglichkeiten die Digitalisierung des Instruments für seinen Standortwechsel, seine Mobilität und nicht zuletzt auch für eine nachhaltige Nachwuchsförderung bietet.« Offenbar ist dies so gemeint, ... (Weiterlesen)

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    31. Beitrag (1.06.2013)

    Populäre Musik auf der Orgel

    Im November 2012 habe ich im Blog »Orgel aktuell« erstmals eine Liste von YouTube-Videos mit Einspielungen von populärer Musik auf Pfeifenorgeln veröffentlicht. In den vergangenen 6 Monaten sind bereits wieder 151 derartige Videos hinzugekommen, so daß eine Aktualisierung der damaligen Liste sinnvoll erscheint.

    Insgesamt sind mir nun 394 YouTube-Videos mit populärer Musik auf Pfeifenorgeln (vorzugsweise Kirchenorgeln, Theater- und Kino-Orgeln wurden nicht berücksichtigt) bekannt. Anhand des Einstelldatums der Videos läßt sich beobachten, daß die Zahl der jährlich hochgeladenen Videos dieses Inhalts seit 2006 stark angestiegen ist: ... (Weiterlesen)

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    30. Beitrag (22.05.2013, mit Nachtrag vom 29.6.2013)

    Das Phänomen »Orgel rockt«

    Unter dem Titel »Orgel rockt« spielt der Musikproduzent, Komponist und nebenamtliche Organist Patrick Gläser aus Öhringen Orgelkonzerte, deren Programme zum größten Teil aus Bearbeitungen von Rock-, Pop- und Filmmusik bestehen. Die Auswahl der Vorlagen basiert hauptsächlich auf Vorschlägen, die Hörer und Interessenten an Patrick Gläser herangetragen haben. Am 15.11.2009 führte Gläser erstmals ein solches Konzert als Experiment in der kath. Kirchengemeinde St. Petrus und Paulus zu Pfedelbach (bei Öhringen) durch. Die Publikumsresonanz war so überwältigend, daß er 2010 insgesamt 15 weitere Konzerte in anderen Kirchen im süddeutschen Raum folgen ließ, die von ca. 3000 Hörern besucht wurden.

    Seit 2011 spielt er jährlich ca. 30 Konzerte, in diesem Jahr dürfte also bereits das 100. Konzert anstehen. Die Konzerte beschränken sich längst nicht mehr auf Nordwürttemberg, sondern finden in ganz Deutschland statt, einige sogar im Ausland, so bislang in Schweden, Österreich, den Niederlanden und – anläßlich der »Deutschen Tage in Archangelsk« - in der Pomoren-Philharmonie zu Archangelsk (Nordrußland). Bis Frühjahr 2013 haben bereits über 15.000 Hörer die »Orgel-rockt«-Konzerte besucht, wie Gläser auf seiner Website http://www.orgel-rockt.de/ schätzt. Der Besucherandrang ist nach wie vor erstaunlich, die Konzerte füllen regelmäßig die Kirchen. Die Zeitung »Westfälische Nachrichten« hat unter der Überschrift »Publikum stürmt Orgel-Rock-Konzert« sehr anschaulich beschrieben, wie groß der Publikumsandrang bei dem Konzert am 20.2.2011 in der Heilig-Kreuz-Kirche Münster war: ... (Weiterlesen)

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    29. Beitrag (03.05.2013)

    Noch ein Rekonstruktionsvorhaben: Die Orgel von Gottfried Fritzsche 1610-12 in der Schloßkapelle Dresden soll wiedererstehen

    Das Residenzschloß der sächsischen Kurfürsten in Dresden stammt in wesentlichen Teilen aus dem 16. Jahrhundert. 1945 brannte es bei der Bombardierung von Dresden bis auf die Grundmauern nieder. Erst in den 1980er-Jahren begann der Wiederaufbau, der jedoch zunächst nur zögerlich voranschritt. Nach der Wende kam das Projekt allmählich in Fahrt. Heute sind bereits große Teile des Schlosses wiederhergestellt und beherbergen einen Museumskomplex, der zu den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden gehört, sowie eine Bibliothek für kunsthistorische Literatur. Jüngste Fortschritte sind die Fertigstellung des sogenannten Riesensaales im Februar 2013 sowie die nahezu abgeschlossene Rekonstruktion des Schlingrippengewölbes in der ehemaligen Schloßkapelle.

    Mit dem Abschluß der Gewölbearbeiten in der ehemaligen Schloßkapelle wird die Frage aktuell, inwieweit auch ihre ursprüngliche Innenausstattung rekonstruiert werden soll. Zur Innenausstattung gehörten insbesondere eine große Orgel und zwei seitliche Positive für die Begleitung der Figuralmusik auf einer Doppelempore über dem Altar.

    Die Hauptorgel war 1610-12 von Gottfried Fritzsche erbaut worden. Der ursprüngliche Dispositionsentwurf von Hans Leo Haßler ist erhalten. Auch die tatsächlich ausgeführte Disposition ist bekannt: Michael Praetorius hat sie in seinem »Syntagma musicum« überliefert; einige weitere Details enthält eine Bestandsaufnahme, die Johann Heinrich Gräbner 1738 von der inzwischen mehrfach veränderten Orgel anfertigte. ... (Weiterlesen)

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    28. Beitrag (20.04.2013)

    Die Orgel – das Instrument für Musik mit Ewigkeitsanspruch?

    Mir ist vor einiger Zeit folgende Definition der Orgel vor Augen gekommen, die Hans Henny Jahnn 1922 dem Artikel »Die Orgel und die Mixtur ihres Klanges« vorangestellt hat:

    »Ich fasse die Orgel als ein Instrument zur Hervorbringung musikalischer Klänge auf, die als irdischer Leib die Seele ewiger Musiken aufnehmen sollen.«

    Irdischer Leib für die Seele ewiger Musiken - eine zweifellos sehr poetische Metapher! In der Sache steckt darin der Anspruch, daß Orgelmusik überzeitlich gültige Musik zu sein habe. An andere Instrumentalmusik scheint nicht der gleiche Anspruch gestellt zu werden; von daher charakterisiert dieser Anspruch speziell die Orgel gegenüber den anderen Instrumenten.

    Würden heutige Organisten, Orgelbauer und Orgelliebhaber diese Charakterisierung der Orgel noch unterschreiben? ... (Weiterlesen)

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    27. Beitrag (06.04.2013)

    Warum werden die Orgelbaumoden immer kurzlebiger?

    Die Orgelmoden werden in Deutschland immer kurzlebiger. Die letzte, derzeit abklingende Orgelmode begann um 1977, als in Deutschland das Interesse am Orgelstil Cavaillé-Colls erwachte; dazu trug nicht zuletzt die Tagung der Gesellschaft der Orgelfreunde in Paris 1977 bei. Neugebaute Orgeln wurden fortan zunehmend häufiger mit Flûte harmonique und Voix céleste, mit Basson, Trompette harmonique und Clairon ausgerüstet. Aber schon 30 Jahre später, um 2007, begannen viele Organisten öffentlich über die Welle von Orgeln im französisch-romantischen Stil zu stöhnen. Seitdem werden neue Ohrenkitzel gesucht: englische Hochdrucktuben zum Beispiel, die in Deutschland seit 2002 immer öfter gebaut werden. Die französische Mode ebbt offensichtlich ab und ist vielleicht schon in 10 Jahren abgeschlossen.

    Wenn man vergleicht: Die Epoche der "orgelbewegten", an der norddeutschen Barockorgel orientierten Neobarockorgel währte immerhin von 1925 bis in die 1980er-Jahre hinein, macht rund 60 Jahre.

    Der romantische Dispositionsstil in Deutschland dauerte von ca. 1830 bis ca. 1930, rund 100 Jahre.

    Die Stile der Renaissance, des Frühbarocks und des Spätbarocks gehen so bruchlos ineinander über, daß man hierfür kaum sinnvolle Dauern angeben kann - im Grunde waren die Jahre von ca. 1550 bis 1800 eine einzige Epoche mit kontinuierlicher, sehr langsam fortschreitender Entwicklung. Über 250 Jahre keinen abrupten Stilbruch, keine grundlegende Änderungen der Konzepte - das ist eine Kontinuität, von der wir heute sehr weit entfernt sind!

    Was treibt viele Organisten dazu, heute genau das als langweilig und abgegriffen zu empfinden, was noch vor 10, 15 Jahren - oft von denselben Leuten! - begeistert begrüßt wurde als Aufbruch in eine neue, aufregende Welt? Wieso wird heute ein Orgelstil nur 35 Jahre nach seinen ersten Manifestationen als langweilig empfunden? Dabei haben wir heute mehr Abwechslung, mehr Stilpluralismus im Orgelbau und in den existierenden Instrumenten als je zuvor in der Orgelgeschichte - wie kann da so rasch Überdruß entstehen? ... (Weiterlesen)

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    26. Beitrag (16.03.2013)

    Ein Buch über die gegenwärtige Lage der Orgelkunst

    Zur gegenwärtigen Lage der Orgelkunst ist im Jahr 2010 ein sehr lesenswertes Buch von Andreas Nohr erschienen unter dem Titel »Vom Umgang mit Orgeln. Eine inszenierte Studie zur Lage der Orgelkunst« (MKH Medien Kontor Hamburg, ISBN 978-3-934417-19-9, Preis 18,80 €). Der Obertitel ist leider nicht optimal gewählt – er hat zumindest mich beim ersten Vor-die-Augen-kommen im Jahr 2010 annehmen lassen, es handle sich um einen Ratgeber für angehende Organisten, wie Orgeln zu behandeln sind. Entsprechend habe ich dem Buch zunächst keinerlei Aufmerksamkeit geschenkt. Erst viel später, als ich einmal zufällig im Internet auf den Verlagswerbetext stieß, wurde mir klar, daß dieses Buch die schwierige gesellschaftliche und finanzielle Situation der Orgelkultur zum Thema hat und daher die Aufmerksamkeit weiter Orgelkreise verdient.

    Erfreulicherweise ist dieses Buch keineswegs eine Sammlung von drögen Statistiken und Analysen.Vielmehr ist es ein amüsant und unterhaltsam zu lesendes Buch mit einer netten kleinen Rahmenstory: Der Ich-Erzähler, ein Journalist, wird zum Leiter einer »Organ Research Foundation« berufen, welche die aktuelle Bedeutung der Orgel im kulturellen Leben untersuchen und auf dieser Basis die Frage beantworten soll, ob der Geldgeber dieser Forschungseinrichtung seinem Sohn empfehlen soll, Orgel spielen zu lernen. Dem Journalisten werden drei Mitarbeiter zur Seite gestellt: eine junge Pianistin als Expertin für musikalische Fragen, ein Soziologe und ein Theologe. Die Erlebnisse dieser Forschergruppe im Zuge ihrer Annäherungen an die ihnen bislang unbekannte Orgelwelt durch Konzert- und Gottesdienstbesuche sowie durch Gespräche mit ausgewählten Vertretern aus Orgelwelt, Musikleben und Kirche werden auf recht humorvolle Weise dargestellt. Und natürlich ist in diesem Tableau auch eine kleine Liebesgeschichte enthalten – ein durch und durch unterhaltsames, beinahe belletristisches Buch also.

    Die Schlüsse, zu denen die fiktive Forschungsgruppe im Zuge ihrer Recherchen gelangt, und ihre Handlungsempfehlungen, wie die Situation der Orgelkunst zu verbessern wäre, sind allerdings vollkommen ernst zu nehmen. Das Buch präsentiert eine schonungslose Analyse der Lage, benennt eine Vielzahl von Ursachen für diese krisenhafte Lage und gibt überraschende Empfehlungen, wie aus der Krise herauszukommen wäre. Von daher würde man erwarten, daß dieses Buch in der Orgelwelt Diskussionen auslöst. ... (Weiterlesen)

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    25. Beitrag (09.03.2013)

    Ungewöhnliche Materialien im Orgelbau

    Schon in der Renaissance wurde gelegentlich mit ungewöhnlichen Materialien im Orgelbau experimentiert: Beispielsweise wurde in Orgeln, die besonders kostbar erscheinen sollten, vereinzelt Elfenbein für die Prospektpfeifen verwendet. Ein solches Prospektregister bestehend aus Holzpfeifen, die mit Elfenbein belegt sind, hat Daniel Meyer 1589 in der Kapelle von Schloß Wilhelmsburg in Schmalkalden realisiert. Es ist bis heute erhalten geblieben.

    Auch die Orgel von Josef Gabler 1737-50 in der Basilika Weingarten besitzt ein Elfenbeinregister. Dieses ist aber erstaunlicherweise nicht sichtbar aufgestellt: Im Inneren des Brüstungspositivs befindet sich ein Flageolett 2', das ab f´ aus engmensurierten Elfenbeinpfeifen mit quadratischem Querschnitt besteht.

    Ungewöhnlich erscheint uns heute die Verwendung von verzinntem Eisenblech (Weißblech) für Zungenbecher. Weißblechbecher waren aber vom 16. bis zum frühen 18. Jahrhundert weithin üblich für Trompetenstimmen. Vereinzelt sind solche Zungenbecher erhalten geblieben, beispielsweise in der Orgel von Balthasar König 1715 in Üxheim-Niederehe, St. Leodegar. Beginnend in Frankreich um 1615 wurden die Weißblechbecher allmählich durch Zinnbecher verdrängt, weil die Zinnbecher angenehmer (nämlich weniger rasselnd) klingen und nicht rosten. ... (Weiterlesen)

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    24. Beitrag (24.02.2013)

    Präsidiumswahl der GdO: Demokratie in der Orgelwelt?

    Das Wahlergebnis läßt sich sehr kurz zusammenfassen: Die Kandidaten für die Ämter des Präsidenten, des Schatzmeisters und des Schriftführers hatten keine Gegenkandidaten und wurden mit Zustimmungswerten zwischen 94,5 und 99,7 Prozent gewählt. Nein, es geht hier nicht um Wahlen in einer Bananenrepublik oder in einer kommunistischen Partei, sondern um die Präsidiumswahl der Gesellschaft der Orgelfreunde (GdO) hier in Deutschland, die im Januar 2013 durchgeführt wurde. Und daher gibt es auch einen kleinen, aber wichtigen Unterschied zu Wahlen in autoritären Systemen: 92% der Wahlberechtigten haben es verständlicherweise abgelehnt, sich an einer solchen Pseudo-Wahl zu beteiligen. Den »Wahlsiegern« fehlt somit eine echte demokratische Legitimation – was natürlich nichts daran ändert, daß sie den Verein in Zukunft lenken werden.

    Der Verzicht des bisherigen GdO-Präsidenten Wolfgang Baumgratz auf eine erneute Kandidatur hatte die Chance eröffnet, durch eine echte Wahl mit mehreren Kandidaten für das Präsidentenamt die Aufmerksamkeit der Vereinsmitglieder auf den Verein zu lenken. Das Präsidium hätte die Möglichkeit gehabt, für mehrere konkurrierende Kandidaten zu sorgen. Diese Kandidaten hätten ihre Ideen für den zukünftigen Vereinskurs angesichts stetig sinkender Mitgliederzahlen präsentieren können, und die Mitglieder hätten am Ende durch ihre Wahl entscheiden können, welchen Kurs die GdO einschlägt. Diese Chance wurde jedoch vom Präsidium nicht genutzt. ... (Weiterlesen)

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    23. Beitrag (21.02.2013)

    Prospektgestaltung heute: form doesn't follow function!

    Von der Öffentlichkeit vollkommen unbemerkt hat sich seit der Jahrtausendwende eine Revolution in der Prospektgestaltung vollzogen: Ein eherner Grundsatz der Prospektgestaltung seit ca. 1950, der unausgesprochen auch den historischen Orgelprospekten bis in das 19. Jahrhundert hinein zugrunde lag, ist stillschweigend in einer Vielzahl von neuen Prospekten außer Kraft gesetzt worden.

    Der neuerdings aufgegebene Grundsatz wurde und wird oft gekennzeichnet mit den Worten »form follows function«. Der Ausdruck geht zurück auf den Architekten Louis Henri Sullivan (1856-1924), der ihn bereits 1896 formulierte. Im Laufe der Zeit ist dieses Motto in sehr unterschiedlicher Weise interpretiert und umgesetzt worden. Im Kern ist damit gemeint, daß die äußere Form eines architektonisch zu gestaltenden Objekts sich der Funktion dieses Objekts anpassen muß. Doch die Art und Weise der Umsetzung dieses Mottos in die Praxis wechselte auch im Orgelbau im Laufe der Zeit sehr stark: ... (Weiterlesen)

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    22. Beitrag (08.02.2013)

    Die neueste Dispositionsmode: Hochdrucktuben und Solowerk

    Auch im Orgelbau gibt es ein Kommen und Gehen von Moden. Wohl jedem ist der Modewechsel vor etwa 30 Jahren bewußt: Da lief die Mode der "orgelbewegten" Instrumente mit entweder neobarocker, an Arp Schnitger orientierter Registerzusammenstellung oder modernistischer, von dissonanten Aliquotreihen geprägter Dispositionsweise aus. Stattdessen näherten sich die Dispositionen immer mehr dem französischen, von Aristide Cavaillé-Coll entwickelten "symphonischen" Stil an. Ein früher, aufsehenerregender Meilenstein dieser Entwicklung war im Jahr 1980 der Bau der Orgel in Bonn-Beuel, St. Josef, die weitestgehend im französisch-symphonischen Stil gehalten ist. Diesem Vorbild sind in den folgenden Jahrzehnten unzählige weitere Orgelprojekte mit ähnlicher Stilrichtung gefolgt. Gleichzeitig wurde der neobarocke Stil fortentwickelt zur historisch strengen barocken Stilkopie: Es entstanden Orgeln als weitestgehende Kopie der Bauweise von Arp Schnitger, Gottfried Silbermann, Johann Andreas Silbermann, Graziadio Antegnati, Johann Christoph Wiegleb und vielen weiteren Orgelbauern insbesondere des Barocks. Zahlenmäßig dominieren jedoch heute jene Orgeln, die sich mehr oder weniger stark an den französisch-symphonischen Stil anlehnen.

    Seit einigen Jahren bahnt sich nun ein weiterer Stilwechsel an. Kennzeichnend für den neuen Stil sind Anleihen beim englischen und amerikanischen Orgelbau des späten 19. und des 20. Jahrhunderts. Namentlich werden neuerdings die Hochdruck-Tuben und das Solowerk mit Hochdrucklabialregistern von deutschen Orgelbauern aufgegriffen. ... (Weiterlesen)

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    21. Beitrag (26.01.2013)

    Die erste viermanualige Orgel der Welt wird in Hamburg rekonstruiert

    Nach jahrelanger Bauzeit wird voraussichtlich im Juni dieses Jahres eine Rekonstruktion der barocken Orgel in der Hamburger Katharinenkirche fertiggestellt und eingeweiht. Das Original war 1943 den Luftangriffen zum Opfer gefallen. Von der Orgel hat allerdings ein kleiner Teil des alten Pfeifenwerks (ca. 520 Pfeifen) die Katastrophe überstanden, da diese Pfeifen ausgelagert worden waren. Außerdem sind Aufzeichnungen zu den Mensuren der 1917 abgelieferten Prospektpfeifen erhalten. Zusammen mit den überlieferten Dispositionsaufzeichnungen und erhaltenen Fotographien bilden sie die nicht eben üppige Grundlage der heutigen Rekonstruktionsbemühungen.

    Die barocke Katharinenorgel ging nicht auf einen einzigen Orgelbauer zurück, sondern war etappenweise im Zuge zahlreicher Umbauten entstanden. Den Grundstein legte ein Orgel­umbau, den Hans Scherer der Ältere zusammen mit seinem Sohn Hans Scherer dem Jüngeren 1605-06 durchführte und der angesichts der hohen Kosten von angeblich 10.000 M einem Neubau nahegekommen sein muß. Leider ist die Disposition der damals erstellten dreimanualigen Orgel nicht überliefert. Historische Bedeutung erlangte die Katharinenorgel 1636, als Gottfried Fritzsche auf Betreiben des damaligen Katharinenorganisten Heinrich Scheidemann ein Brustwerk mit sieben Registern als viertes Manual hinzufügte, denn damit war die Katharinenorgel nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit die erste Orgel mit vier vollständigen Manualen.

    Nach einem weiteren Umbau 1647 durch Friedrich Stellwagen wurden 1672-74 die Pedaltürme der Orgel, die bis dahin ein Principal 24' im Prospekt besaßen, von Friedrich Besser vergrößert zur Aufnahme eines Principals 32' und einer Posaune 32'. Der damalige Organist Johann Adam Reincken war allerdings mit den 32'-Registern noch nicht zufrieden und ließ sie durch Joachim Richborn verbessern. Noch Jahrzehnte später fiel Johann Sebastian Bach an dieser Orgel die außergewöhnlich gute Ansprache ihrer 32'-Register und die besondere Klangqualität ihrer Zungenregister auf. Die Orgel besaß fortan 58 Register, deren Zusammenstellung durch Johann Mattheson 1721 publiziert wurde: ... (Weiterlesen)

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    20. Beitrag (19.01.2013)

    Neue Registernamen aus den letzten Jahren

    In den letzten Jahren ab ca. 2000 sind vergleichsweise wenig Orgeln neu gebaut worden. Aber in deren Dispositionen treten überraschend viele neue Registernamen auf. Eine Liste der mir bekannt gewordenen neuen Namen mit Erläuterungen lasse ich weiter unten folgen.

    Überfliegt man diese Liste, so stellt man schnell fest, daß es sich in den allermeisten Fällen lediglich um neue Namen, nicht aber um in der Sache neue Register handelt. Von daher sind fast alle diese neuen Namen eigentlich überflüssig. Mit einiger Wahrscheinlichkeit werden sie deshalb keine weitere Verbreitung in der Orgelwelt finden. In vielen Fällen wäre eine Übertragung der Namen auf andere Orgeln auch gar nicht sinnvoll, da sie von lokalen Spendern oder dem Ortsnamen abgeleitet worden sind.

    Auch wenn diese Namen also höchst vergänglich sind und in wenigen Jahrzehnten vielleicht bereits wieder verschwunden und vergessen sein werden, lohnt es sich doch, einen kurzen Blick auf dieses Phänomen zu werfen, denn es macht charakteristische Eigenheiten der heutigen Orgelwelt bewußt. Man kann die neuen Registernamen nach der Art ihrer Entstehung in vier Gruppen ordnen: ... (Weiterlesen)

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    19. Beitrag (05.01.2013)

    Publikationen von neuer Orgelmusik in populären Stilen (Jazz, Swing, Pop etc.)

    Seit Anfang der 1990er-Jahre hat sich in Deutschland eine stilistisch neuartige Orgelmusik entwickelt, die sich zunächst an Vorbilder aus dem klassischen Jazz- und Blues-Bereich anlehnte. Den Anfang dieser Entwicklung markieren die 1992 erschienenen "Choralvorspiele und 6 Miniaturen" von Maria Scharwieß, die gefolgt wurden von Volker Bräutigams "Drei jazzverwandte Choralbearbeitungen" (1994), Claus-Erhard Heinrichs "Chorale meets Jazz" (1997) und Johannes Matthias Michels "Swing & Jazz Orgelbüchlein" (Band I: 1997).

    Neben Jazz und Blues wurden sehr bald auch andere stilistische Vorbilder aus der populären Musik gewählt. So lehnen sich einige Sätze in dem 2004 erschienenen Band "S(w)inget dem Herrn ein Neues Lied" von Thomas Riegler an lateinamerikanische Tanzformen, Swing und sogar bayrische Volksmusik an. Die zeitgenössische Pop-Musik wurde in Organistenkreisen zunächst noch als zu anrüchig empfunden, um als Vorbild genannt zu werden. Aber schon 2008 veröffentlichte Michael Schütz 20 Orgelkompositionen, die er umstandslos als "20 Pop-Stücke für Orgel" bezeichnete. Damit waren offensichtlich die letzten Berührungsängste überwunden. Vielleicht gerade deshalb fanden diese Stücke eine erstaunliche Resonanz: ... (Weiterlesen)

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    18. Beitrag (22.12.2012)

    Die Gesellschaft der Orgelfreunde (GdO) schrumpft

    Die wichtigste deutsche Vereinigung von Orgelfreunden und beruflich mit der Orgel befaßten Personen ist die "Gesellschaft der Orgelfreunde" GdO. Sie gibt die mit Abstand auflagenstärkste und angesehendste deutschsprachige Orgelzeitschrift "Ars Organi" sowie orgelwissenschaftliche Jahrbücher unter dem Titel "Acta Organologica" heraus. Ferner organisiert die GdO internationale Orgeltagungen, auf denen Hunderte von Orgelfreunde bedeutende historische und zeitgenössische Orgeln der jeweiligen Tagungs-Region erleben und kennenlernen können. Ebenso veranstaltet die GdO orgelwissenschaftliche Symposien und Interpretationsseminare für Organisten. Durch alle diese Aktivitäten ist die GdO von erheblicher Bedeutung für die Orgelwelt: Ohne sie wäre die Orgelwelt weniger gut informiert, weniger aktiv und wesentlich weniger öffentlich sichtbar. Daß heute in der deutschen Gesellschaft historische Orgeln allgemein ein hohes Ansehen genießen und gepflegt werden, verdanken wir (unter anderem) auch der GdO.

    Darum ist es nicht unwichtig, wie sich die GdO entwickelt. Im letzten Heft eines jeden Jahrgangs von Ars Organi erscheint der aktuelle Mitgliederstand des Vereins. Die drögen Zahlen werden aussagekräftig, wenn man sie aus den verschiedenen Jahrgängen heraussucht und in einem Diagramm zusammenträgt: ... (Weiterlesen)

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    17. Beitrag (15.12.2012)

    Restaurierung und Rekonstruktion einer großen, pneumatischen Walcker-Orgel von 1903

    Die 1903 von Walcker erbaute Orgel der Christuskirche Heidelberg ist in den Jahren 2009-11 restauriert und wieder in den Originalzustand zurückgeführt worden. Dabei wurde die ursprüngliche, pneumatische Traktur, die 1954 durch eine elektropneumatische Traktur ersetzt worden war, wieder hergestellt – eine Maßnahme, die bis vor wenigen Jahren völlig undenkbar gewesen wäre, war doch die pneumatische Traktur verpönt wegen ihrer verzögerten Reaktion auf den Tastendruck und wegen der beschränkten Haltbarkeit ihrer zahlreichen Bälgchen, Taschen oder Membranen. Inzwischen aber setzt sich die Erkenntnis durch, daß jede Traktur erheblichen Einfluß hat auf die Art und Weise, wie man eine Orgel spielt, und daß deshalb zu jeder Denkmalsorgel auch deren ursprüngliche Traktur gehört, weil sie mit jeder anderen Traktur anders gespielt wird und folglich auch anders klingt, als es von ihren Erbauern gewollt war.

    Nach der Wiederherstellung der Heidelberger Orgel gehört nun dieses stattliche Werk mit seinen drei Manualen und 43 Register zu den größten pneumatischen Orgeln, die es heute im süddeutschen Raum gibt: ... (Weiterlesen)

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    16. Beitrag (8.12.2012)

    Das Sinua-System: die computergesteuerte Orgel

    Am 30. Juni 2012 wurde in der Ratinger Kirche St. Peter und Paul ein neuer Spieltisch für die vorhandene Orgel1 von 1953 eingeweiht, der erstmals das 2010/11 entwickelte "Sinua-System" besitzt. Eine zweite Installation des Sinua-Systems ist derzeit geplant in einem neuen Spieltisch für die historische Sauer-Orgel von 1922 im Orgelpark Amsterdam. Das Sinua-System wurde entwickelt von dem gelernten Orgelbauer Benedikt Aufterbeck und dem Musiker und Elektroniker Thomas Stöckl in Zusammenarbeit mit dem Ratinger Organisten Ansgar Wallenhorst. Es handelt sich bei dem Sinua-System um eine digitale, computerbasierte Steuerung der Ventile in Laden, die für jede einzelne Pfeife ein separates Ventil besitzen, wie es beispielsweise in herkömmlichen elektrischen Kegelladen oder Kastenladen der Fall ist. Die computerbasierte Steuerung macht es möglich, auf jeder Taste jede beliebige Pfeife der Orgel erklingen zu lassen, gleichgültig, in welchem Teilwerk sie sich befindet, welchem Register und welcher Taste sie herkömmlich zugeordnet ist. Dadurch kann das vorhandene Pfeifenwerk sehr viel vielfältiger eingesetzt werden als bislang praktiziert:

    a) Jedes Register ist auf jeder Klaviatur spielbar: Beispielsweise kann das Principal 8' des Hauptwerks jederzeit irgend einer anderen Klaviatur zugeordnet werden, oder auch mehreren Klaviaturen gleichzeitig.

    b) Jedes Register ist beliebig transponierbar, beispielsweise kann ein Prinzipal 8' als Prinzipal 16' ab c oder auch als Quint 5 1/3' bis c''' oder als Oktave 4' bis g'' erklingen. Wenn eine Fortsetzung des Registers nach unten oder nach oben gewünscht wird, können geeignete Pfeifen aus einem anderen Register dafür herangezogen werden, oder es kann ein akustisches Substitut programmiert werden, etwa ein 32'-Register in der Großen Oktave als Kombination von Prinzipal 16' und Subbaß 16', gespielt als 10 2/3'.

    c) Natürlich sind auch Transpositionen eines Registers um beliebige andere Intervalle möglich: Quarten, Tritoni, Sexten und Septimen beispielsweise. So sind beliebige neuartige Tonmixturen pro Taste konstruierbar.

    Der Organist wird so zum "Klangdesigner": Er kann nicht nur wie bisher die vorhandenen Register zusammenstellen und abrufen, sondern neue Klänge erschaffen, die auf dem Instrument bislang nicht möglich waren. ... (Weiterlesen)

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    15. Beitrag (1.12.2012)

    Populäre Musik auf der Orgel

    Vor etwas mehr als einem Jahr habe ich im Rahmen eines Colloquiums der Walcker-Stiftung mit dem Vortrag "Popularmusik auf der Orgel – ein neuer Trend?" auf die Tatsache aufmerksam gemacht, daß seit ca. 2008 immer mehr Videos mit Einspielungen populärer Musik auf Pfeifenorgeln in YouTube eingestellt werden. Die damalige Liste von YouTube-Videos mit derartigen Einspielungen umfasst 98 Videos; sie wurde im Colloquiumsbericht publiziert, der hier kostenlos auf der Website der Walcker-Stiftung heruntergeladen werden kann. Ich habe sie zusätzlich diesem Beitrag als Anhang beigefügt.

    Inzwischen sind mir nicht weniger als 153 weitere derartige Videos auf YouTube bekannt geworden. ... (Weiterlesen)

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    14. Beitrag (24.11.2012)

    Eine neue Entwicklung im Orgelbau: die "winddynamische Orgel" von Daniel Glaus

    Daniel Glaus – ehemals Hauptorganist der Stadtkirche Biel, heute Münsterorganist in Bern und Professor an der Berner Musikhochschule – hat seit 1999 in mehreren langjährigen Forschungsprojekten Konstruktionen entwickelt, die es dem Orgelspieler ermöglichen sollen, sowohl durch einen Schwelltritt als auch durch den Tastenanschlag die Windzufuhr zu den Pfeifen zu beeinflussen. In einem ersten Forschungsprojekt wurde 2003 ein transportabler Prototyp der winddynamischen Orgel fertiggestellt. Dieses Instrument besitzt 25 Tasten und 3 Pfeifenreihen. Jede Taste öffnet auf den ersten 6 mm Tastenfall ein herkömmliches Schwanzventil in einem Windkasten, der mit Wind von unveränderlichem Druck versorgt wird. Diese Ventile ermöglichen den normalen, herkömmlichen Orgelklang. Eine Feder sorgt dann für einen zweiten Druckpunkt; wird dieser überwunden, so öffnet die Taste ein Kegelventil in einem zweiten Windkasten, der mit Wind von veränderbarem Druck beliefert wird. Diese Ventile ermöglichen ein winddynamisches Spiel der Orgel: Je nach dem, wie tief die Tasten gedrückt werden, öffnen sich die Kegelventile mehr oder weniger weit, so daß mehr oder weniger Wind zu den Tasten gelangt; überdies kann der Winddruck im Windkasten erhöht oder erniedrigt werden. Für jede Pfeifenreihe sind zwei Schleifen angelegt, mit denen die Windzufuhr von dem einen oder anderen Windkasten abgesperrt werden kann, so daß man zwischen der normalen Spielweise oder der winddynamischen Spielweise wählen kann. Auch die Kombination beider Spielweisen ist möglich: In diesem Fall ermöglicht der zweite Druckpunkt z.B. Akzentuierungen durch stärkere Windzufuhr. Je nach Winddruck und Windzufuhr klingen die Pfeifen natürlich lauter und höher oder leiser und tiefer; sie können bei hohem Winddruck überblasen oder bei sehr geringem Winddruck ätherisch säuseln. Auf YouTube existiert ein Film von einer Vorführung dieses Prototypen der winddynamischen Orgel durch Daniel Glaus im Jahr 2011, siehe hier.

    Ein weiterer, größerer Prototyp der winddynamischen Orgel entstand 2004 in einem zweiten Forschungsprojekt. ... (Weiterlesen)

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    13. Beitrag (17.11.2012)

    Wer kauft und hört Orgel-CDs?

    Orgel-CDs werden natürlich von Orgelliebhabern gekauft und gehört. Aber was sind das für Leute? Sind es ausschließlich die älteren Damen und Herren, welche das Publikum von Orgelkonzerten bilden? Oder werden Orgel-CDs auch von vielen jüngeren Personen gekauft, die nicht in Kirchenkonzerte gehen, weil sie den Kirchen fern stehen?

    Leider gibt es darüber keine Daten. Aber Orgel-CDs sind Klassik-CDs. Und über die Käuferschaft von Klassik-Tonträgern gibt es eine Altersstatistik, welche das Deutsche Musikinformationszentrum MIZ auf seiner Homepage veröffentlicht hat. Das nachfolgende Diagramm veranschaulicht diese Daten. ... (Weiterlesen)

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    12. Beitrag (9.11.2012)

    Das Portativ in der Gegenwart

    Völlig unbeachtet von der Orgelwelt fristet das Portativ seit rund 50 Jahren eine Nischenexistenz im Bereich der Aufführungspraxis mittelalterlicher Musik: Es wird gespielt von einigen wenigen Musikern, die sich der mittelalterlichen Musik verschrieben haben und diese zumeist als Mitglied von entsprechenden Kleinstensembles zu Gehör bringen. Gebaut wird es heute teils von interessierten Liebhabern, teils von professionellen Orgelmachern, die sich auf die Herstellung von historischen Kleininstrumenten wie Positiv, Regal und Portativ spezialisiert haben.

    Seit etwa drei Jahren veröffentlichen einige Liebhaber des Portativs Musikvideos auf YouTube, so daß man sich heute unschwer ein gewisses Bild von dieser wenig bekannten Musikszene machen kann. Betrachtet man diese Videos genauer, so fallen große Unterschiede in der Bauweise der Instrumente sowie in der Spielpraxis auf. Diese Unterschiede hängen eng zusammen mit der Entwicklung der Aufführungspraxis mittelalterlicher Musik. ... (Weiterlesen)

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    11. Beitrag (3.11.2012)

    Zacharias-Zungenpfeifen: die zukunftsträchtigste Neuerung im Pfeifenbau seit 200 Jahren

    Seit ca. 500 Jahren enthalten die meisten Orgeln zwei verschiedene Pfeifentypen: Labialpfeifen (Lippenpfeifen) und Lingualpfeifen (Zungenpfeifen). Die beiden unterschiedlichen Konstruktionsweisen erzeugen Töne von sehr verschiedenem Klang und vergrößern daher beträchtlich die Klangvielfalt der Orgel. Allerdings verursachen sie auch ein Grundproblem der Pfeifenorgel: Bei Temperaturänderungen verändert sich die Tonhöhe von Lippenpfeifen in nennenswertem Ausmaß, während die Tonhöhe von Zungenpfeifen sich nur wenig oder gar nicht verändert. Daher haben Temperaturänderungen Verstimmungen innerhalb des Pfeifenwerks der Orgel zur Folge und zwingen dazu, die Orgel wieder rein zu stimmen. Aus praktischen Gründen werden in diesem Fall die Zungenpfeifen an die Lippenpfeifen angeglichen, obwohl nicht sie, sondern die Lippenpfeifen sich in der Tonhöhe verändert haben. Seit Jahrhunderten sehnen sich die Organisten deshalb nach einer Erfindung, welche das lästige und zeitraubende Nachstimmen der Zungenpfeifen überflüssig macht und die Zungenregister jederzeit und unbeschränkt spielbar hält.

    Seit etwa 30 Jahren ist es technisch möglich, diesen Wunschtraum zu erfüllen und Zungenregister zu bauen, die nicht nachgestimmt werden müssen, – aber verrückterweise hat die Orgelwelt davon bis heute kaum Notiz genommen, so daß bislang nur zwei Orgeln mit solchen Zungenregistern ausgestattet wurden.

    Erfunden wurden die nicht nachzustimmenden Zungenregister von Dipl.-Ing. Ernst Zacharias (*1924) in Trossingen in den 1980er-Jahren: Er konstruierte erstmals "Zungenpfeifen mit gewendeter Durchschlagzunge". ... (Weiterlesen)

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    10. Beitrag (27.10.2012)

    Die angestrebte Rekonstruktion einer Orgel von David Beck 1596 in der Martinikirche Halberstadt

    In der Martinikirche Halberstadt steht bekanntlich das Gehäuse einer Orgel, die David Beck 1596 in der Schloßkirche zu Gröningen errichtete - damals nach Registerzahl die größte Orgel der Welt, und mit Kosten von 13.000 Talern auf jeden Fall die damals teuerste. Es gibt wohl keine zweite Orgel, deren Prospekt derartig schmucküberladen ist. Diese Orgel besaß im 17. Jahrhundert folgende Disposition: ... (Weiterlesen)

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    9. Beitrag (22.10.2012)

    Die neue Woehl-Orgel in Piteå – eine "Zukunftsorgel"?

    Piteå ist eine schwedische Kleinstadt mit ca. 23.000 Einwohnern und liegt am nördlichen Ende der Ostsee, nur 140 km südlich vom Polarkreis. Die dortige Konzerthalle Studio Acusticum hat Ausmaße, die der bescheidenen Größe der Stadt angemessen sind – aber sie besitzt neuerdings eine Orgel mit nicht weniger als 197 Registern: ... (Weiterlesen)

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    8. Beitrag (13.10.2012)

    Die Rekonstruktion einer Orgel von 1479 in Amsterdam

    Im Orgelpark Amsterdam wurde am 21.4.2012 die sogenannte "van Straten-Orgel" eingeweiht, welche die Firma Reil nach Plänen von Wim Diepenhorst erbaute. Diese Orgel ist intendiert als Rekonstruktion einer Orgel, die Peter Gerritsz 1479 in der Nicolaikerk in Utrecht erstellt hat und die in umgebauter Form erhalten geblieben ist (das Gehäuse dieser Orgel befand sich in den letzten Jahrzehnten in der Koorkerk von Middelburg). Für das Instrument im Orgelpark sollten die erhaltenen Teile der Gerritsz-Orgel kopiert, die nicht erhaltenen Teile entsprechend dem heutigen Kenntnisstand rekonstruiert werden.

    Die Idee, die erhaltenen Teile einer spätmittelalterlichen Orgel zu kopieren und diese Kopien zu einer Rekonstruktion ihres Ursprungszustandes zusammenzusetzen, um der Orgelwelt einen realitätsnahen Eindruck vom Klang der Orgeln im ausgehenden Mittelalter geben zu können, ist in der Tat ausgezeichnet und verdient zweifellos die Aufmerksamkeit aller Orgelinteressierten. ... (Weiterlesen)

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    7. Beitrag (05.10.2012)

    Die Schwalbennestorgel in St. Marien, Lemgo: eine Renaissance-Orgel?

    2010 hat die Firma Rowan West in Zusammenarbeit mit dem Sachverständigen Koos van de Linde die Schwalben­nestorgel der Marienkirche Lemgo erneuert. Bild und Disposition der Orgel nach dieser Erneuerung finden sich hier. ... Eckhard Deichsel und Vera Lüpkes haben auf der Website der Mariengemeinde Lemgo geschrieben:

    "Bei der "Schwalbennest-Orgel" handelt es sich um eine Renaissance-Orgel in Schwalbennestform. […] Paul Ott, Göttingen, hat in den 1950er und 1970er Jahren das Innenleben so grundlegend umgebaut, dass sich bis 2009 ein modernes Instrument in einem annähernd ungestörten Renaissance-Gehäuse befand. […] Die Orgelbaufirma Rowan West in Altenahr vollendete 2010 einen stilistisch-handwerklich vorbildlichen Rückbau. Ziel der Rekonstruktion war der Zustand von 1613 mit einer auch mechanisch zu betreibenden Windanlage."

    Die beteiligten Sachverständigen erwecken also öffentlich den Eindruck, bei den Arbeiten von 2009/2010 am Innenleben des "gut erhaltenen" und "nahezu ungestörten Renaissance-Gehäuse" handle es sich um einen "Rückbau" – also um die Entfernung später hinzugefügter Teile – verbunden mit der "Rekonstruktion" von fehlenden Teilen, wodurch der "Zustand des Pfeifenwerks von 1613" und eine "verlorene Klangwelt" wiederhergestellt worden sei.

    Wer mit der Geschichte dieser Orgel vertraut ist, reibt sich angesichts dieser Beschreibung der Arbeiten erstaunt bis fassungslos die Augen! Denn die Fakten sehen völlig anders aus: ... (Weiterlesen)

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    6. Beitrag (29.09.2012)

    Wächst das Interesse an klassischer Musik mit dem Lebensalter?

    Bekanntlich spiegelt das heutige Publikum in Klassikkonzerten nicht die Alterszusammensetzung der deutschen Bevölkerung wieder, sondern weicht davon sehr auffällig ab: Die junge Generation ist im Konzertpublikum offensichtlich unterrepräsentiert und die alte Generation überrepräsentiert. Viele Musikforscher erklären sich dies mit der Vermutung, daß ältere Menschen von Natur aus eine größere Affinität zur klassischen Musik hätten und daher sehr viel häufiger in klassische Konzerte gingen als junge Menschen. Die Tatsache, daß noch vor wenigen Jahrzehnten die jungen Leute nicht weniger an klassischer Musik interessiert waren als die alten und das Konzertpublikum recht gut gemischt war aus Menschen aller Generationen, läßt allerdings Zweifel an dieser Erklärung aufkommen. Eine definitive Widerlegung dieser Erklärung ermöglichen Daten, die das Zentrum für Kulturforschung in dem Kulturbarometer 2011 veröffentlicht hat. ... (Weiterlesen)

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    5. Beitrag (26.09.2012)

    Noch einmal: Hat sich die Klassik überlebt?

    Viele Orgelfreunde widersprechen meiner These, daß sich die klassische Musik aus der Sicht der heutigen Jugendlichen überlebt hat. Beispielsweise hat Daniel Kunert in seinem Blog geschrieben, er könne dieser These nicht zustimmen, "denn noch immer berühren Werke von Bach, Mozart, Kuhnau, Monteverdi und anderen, bereits lange verstorbenen Komponisten, die Herzen der Hörer und Musizierenden. Und durch immer wieder entstehende Neuinterpretationen bleibt diese Musik lebendig. Es werden immer noch alte, bisher verschollene Werke entdeckt, neu einstudiert und aufgeführt. Und das teilweise unter großem Medieninteresse. Also kann diese Musik nicht überlebt sein. Alt: ja. Überholt: nein!"

    Zweifellos ist es richtig, daß es noch viele Personen gibt, welche die Werke von Bach, Mozart und vielen anderen Komponisten vergangener Zeiten hören und schön finden. Richtig ist auch, daß jeder Interpret diese Werke auf seine Weise interpretiert und daß immer noch vergessene Kompositionen aus alter Zeit entdeckt und aufgeführt werden.

    Aber ebenso richtig ist auch, daß all dies in einer verschwindend kleinen gesellschaftlichen Nische stattfindet. Höchst aufschlußreich sind in dieser Beziehung die Umsatzanteile der verschiedenen Repertoiresegmente am Gesamtmarkt der Tonträger und digitalen Musikprodukte. Das Musikinformationszentrum MIZ des Deutschen Musikrats veröffentlichte für 2011 eine Statistik, aus der hervorgeht, daß der Anteil der Klassik (inklusive Crossover) im Jahr 2011 nur 7,1% des Gesamtmarktes ausgemacht hat. Und schlimmer noch: In dieser kleinen Gesellschaftsnische leben kaum noch junge Menschen. ... (Weiterlesen)

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    4. Beitrag (25.09.2012)

    Überalterung des Klassikpublikums: Neue Zahlen

    Es hat sich inzwischen herumgesprochen: Das Klassikpublikum besteht vorwiegend aus grauen oder gar weißen Häuptern; die junge Generation fehlt in den Klassikkonzerten. Eine Umfrage des Verbandes der Deutschen Konzertdirektionen VDKD unter 650 Konzertbesuchern in verschiedenen deutschen Großstädten im Jahr 2007 zeigte, daß 52% der Besucher 60 Jahre oder älter waren, und nur 8% unter 30 Jahre alt waren. Der Altersdurchschnitt dürfte also in der Gegend von 60 Jahren gelegen haben. Das ist keineswegs immer so gewesen: Eine Umfrage2 aus dem Jahr 1979 bei Besuchern von Klassikkonzerten in Köln kam noch auf Altersdurchschnitte von zumeist 37 bis 39 Jahren, je nach Konzert. Damals waren die Anteile der jüngeren und der älteren Hörer offenbar noch recht ausgewogen!

    Wenn heute 52% des Publikums älter als 60 Jahre sind, dann steht zu erwarten, daß ein großer Teil dieser Personen in 20 Jahren nicht mehr in der Lage sein werden, Konzerte zu besuchen. Da kaum noch junge Hörer nachrücken, droht also eine allmähliche Reduktion des Publikums auf etwa die Hälfte innerhalb der kommenden 20 Jahre. Ob dann noch klassische Konzerte von den Konzertveranstaltern finanziert werden können?

    Um dieses Problem rechtzeitig zu vermeiden, haben die Konzertdirektionen und Orchester bereits seit ca. 10 Jahren Veranstaltungen durchgeführt, die junge Leute an die klassische Musik heranführen sollen. Haben diese etwas bewirkt? ... (Weiterlesen)

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    3. Beitrag (24.09.2012)

    Sichern Tonaufzeichnungen den Fortbestand der klassischen Orgelmusik?

    Seit etwa zwei Generationen besitzen wir die Möglichkeit, Orgelmusik in klanglich befriedigender Weise aufzuzeichnen und zu speichern. Seit etwa einer Generation ist die Qualität dieser Aufzeichnungen so hoch, daß eine weitere Steigerung praktisch nicht mehr hörbar ist. Heute liegt das komplette Schaffen aller wesentlichen Orgelkomponisten in oftmals schon zahllosen ausgezeichneten Aufnahmen vor. Auch im Internet sind unzählige Ton- und Videoaufzeichnungen von klassischer Orgelmusik gespeichert und abrufbar. Überdies wird die klassische Orgelmusik sowohl in unzähligen Notendrucken als auch in digitalisierter Form im Internet überliefert. Es gibt Leute, die aus all dem schließen, daß der Fortbestand der klassischen Orgelmusik mindestens auf Jahrzehnte hinaus gesichert sei. Aber wahrscheinlich ist das ein Trugschluß. ... (Weiterlesen)

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    2. Beitrag (23.09.2012)

    Ist die klassische Musik 'zeitlos' oder hat sie sich 'überlebt'?

    Im vorigen Blog-Beitrag "Die neue Orgelmusik in populären Stilen verbreitet sich" schrieb ich folgende Sätze: "Die Jugendlichen spüren, daß die klassische Musik nicht der Ausdruck ihrer Zeit, ihres Lebensgefühles, ihrer Empfindungen ist, sondern der Ausdruck einer früheren Zeit und sich daher überlebt hat. Natürlich kann es durchaus mal schön sein, in die Empfindungswelt einer früheren Zeit zu schlüpfen wie in ein Karnevalskostüm. Aber auf die Dauer möchte man ja nicht in einer Verkleidung leben. Und so sucht und entwickelt die Jugend den zu ihr passenden musikalischen Ausdruck." Eine frühere Fassung dieser Sätze löste in den deutschsprachigen Orgelforen eine langanhaltende Diskussion aus. Gegen die Sätze wurde eingewendet, daß die klassische Musik "zeitlos gültig" sei und sich daher grundsätzlich nicht "überleben" könne. Ich möchte daher die obigen Sätze und diesen Einwand hier näher betrachten. ... (Weiterlesen)

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    1. Beitrag (23.09.2012)

    Die neue Orgelmusik in populären Stilen verbreitet sich

    Seit ca. 1995 entsteht in Deutschland eine neue Richtung der Orgelmusik, in der verschiedene Stile der populären Musik und des Jazz aufgegriffen werden. In der Orgelwelt wurde von diesem Phänomen zumindest öffentlich lange keine Notiz genommen – beispielsweise veröffentlicht die Zeitschrift "Ars Organi" der "Gesellschaft der Orgelfreunde" bis heute keine Besprechungen solcher Musik, selbst bloße Hinweise auf die Veröffentlichung solcher Musik fehlen in der Rubrik "Neuerscheinungen". Doch vor einigen Jahren stellten erstmals ein paar Organisten eigene Aufnahmen von solchen Orgelstücken auf YouTube ein, was erheblich dazu beitrug, diese Musik bekannt zu machen. ... (Weiterlesen)

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    Orgeltabulatur aus dem Buxheimer Orgelbuch, ca. 1460-70

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